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Wenn Rassisten die US-Geschichte umdeuten
Wie der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla mit nur einem Tweet hunderte Jahre der US-Geschichte verdreht
Dass die AfD US-Präsident Donald Trump für seine Ankündigung laut applaudieren würde, »DIE« Antifa als terroristische Organisation in den Vereinigten Staaten verbieten zu wollen, war erwartbar. Endlich hat die extreme Rechte einen Staatschef gefunden, der ihre seit Jahren erhobene Forderung unterstützt - egal, wie unsinnig es auch ist, etwas verbieten zu wollen, dass in dieser Form überhaupt nicht existiert. Antifa(schist) zu sein, ist erst einmal nur eine Grundüberzeugung, die sich gegen Faschismus richtet und aus der sich tausend mögliche Aktionsformen ergeben.
Die AfD schafft es allerdings, auf die antirassistischen Proteste in den USA noch ein weiteres ihrer Standardthemen aus dem Handbuch für rassistische Hetze zu projizieren. AfD-Chef Tino Chrupalla behauptete am Dienstag auf Twitter, die Ereignisse in den USA würden zeigen, »in welcher Sackgasse multikulturelle Einwanderungsländer enden. Gewalt, Tote, bis an die Zähne bewaffnete Sicherheitskräfte«.
An diese zwei Sätzen ist so ziemlich alles falsch, was nur irgendwie falsch sein kann. Um die multikulturelle Gesellschaft für die Zustände in den USA verantwortlich zu machen, muss man sehr gezielt mehrere Jahrhunderte US-amerikanische Geschichte ausblenden. Chrupalla ist entgangen, dass es einst weiße Europäer waren, die die Ureinwohner des nordamerikanischen Kontinents systematisch ermordeten und unterdrückten und gleichzeitig die meisten Vorfahren der heutigen schwarzen Bevölkerung aus Afrika als Sklaven verschleppten. Wer Gewalt, Hass und Unterdrückung im Einwanderungsland USA thematisiert, muss also zu zuallererst über den seit Jahrhunderten andauernden Rassismus der Weißen sprechen.
Der Rassismus besteht fort
Formal ist die Sklaverei in den USA schon lange abgeschafft; auch sind Schwarze in ihren Bürgerrechten US-Amerikaner wie alle anderen. Doch Gesetze sind das eine, fortbestehende rassistische Strukturen das andere. Es hat absolut nichts mit der multikulturellen Einwanderungsgesellschaft zu tun, dass Schwarze bis heute im Vergleich zu weißen US-Amerikanern im Durchschnitt über mieser bezahlte Jobs und niedrigere Bildungsabschlüsse verfügen, dafür aber umso mehr Angst davor haben müssen, vor Gericht härtere Strafen zu bekommen, von der Polizei öfters kontrolliert oder Opfer von staatlicher (und tödlicher) Gewalt zu werden, wie es George Floyd passiert ist.
Auch müsste darüber geredet werden, was das alles mit dem sorgsam gepflegten Mythos zu tun hat, nicht nur im »Land der unbegrenzten Möglichkeiten« könne jeder durch Leistung in der kapitalistischen Gesellschaft aufsteigen. Rassismus ist auch das Ergebnis davon, wenn die von Weißen dominierte Mittel- und Oberschicht nach unten tritt, um ihre oft seit Jahrhunderten bestehenden Privilegien zu verteidigen. Dann allerdings ginge es auch sehr schnell um Dinge wie die Verteilungsfrage. Aber von solchen komplexen Problemen will nicht nur ein AfD-Vorsitzender Chrupalla nichts hören. Er pflegt stattdessen rassistische und chauvinistische Denkmuster, weil Privilegien sich am leichtesten bewahren lassen, indem man Menschen gegeneinander ausspielt, die keine haben. Genauso denkt und handelt auch dieses Typ im Weißen Haus.
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