Schule ist schon wieder aus
Göttinger Stadtverwaltung schließt nach massivem Corona-Ausbruch Bildungseinrichtungen
Bei Feiern zum Zuckerfest, das bei Muslimen traditionell das Fastenbrechen einläutet, hatten sich am vorvergangenen Wochenende offenbar zahlreiche Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Bis Mittwoch wurden 80 Personen aus dem Umfeld von Familien, die mehrheitlich aus dem früheren Jugoslawien stammen, positiv auf das Virus getestet. Ein Patient wird im Krankenhaus behandelt.
Die Göttinger Stadtverwaltung weiß von mehreren Feiern am 23. Mai im Iduna-Zentrum, einem heruntergekommenen Appartement-Komplex gegenüber der Universität. In einem Fall hätten sich dort rund 30 Menschen in einer kleinen Wohnung aufgehalten. Dort sei es dann zu Ansteckungen gekommen, sagte Göttingens Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD) - »nicht in den Moscheen«.
Als weiterer möglicher Infektionsort gilt eine Shisha-Bar in der Stadt, in der mehrere Jugendliche nach dem Familienfest weiter gefeiert haben sollen. Sie hätten dort teilweise auch gemeinsam aus einer Wasserpfeife geraucht beziehungsweise dasselbe Mundstück dafür benutzt. Bestätigungen der Betroffenen sind schwer zu erhalten. Einige Jugendliche aus dem Umfeld der Familien erklärten, sie wollten nicht mit Journalisten sprechen.
Inzwischen stehen im Zusammenhang mit dem Göttinger Corona-Ausbruch 370 Personen unter Quarantäne. 170 leben in Göttingen und Umgebung, davon etwa die Hälfte im Iduna-Zentrum. Die Stadt will in den nächsten Tagen alle rund 700 Bewohner der Wohnanlage testen und dazu eine mobile Teststation einsetzen. Zudem soll die Hausverwaltung ein Hygienekonzept für das Gebäude erstellen und umgehend vorlegen. Ob die Quarantäne im Iduna-Zentrum eingehalten wird, will die Stadt auch mit unangemeldeten Besuchen überprüfen.
Außer aus Göttingen kamen auch Personen aus dem Raum Osnabrück, aus Nordrhein-Westfalen und aus dem thüringischen Eichsfeldkreis zum Fastenbrechen in die Universitätsstadt.
Weil unter den Betroffenen auch 57 Kinder sind - 23 von ihnen wurden inzwischen positiv auf das Coronavirus getestet - hatten die Stadt und der Landkreis Göttingen am Pfingstmontag zunächst für 13 Schulen verschärfte Sicherheitsregeln angeordnet. Dazu zählten unter anderem die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes auf dem Schulgelände und in den Gebäuden. Die Vorgabe sollte für zunächst 14 Tage gelten, ausgenommen blieben lediglich Klassenräume.
Am Dienstagnachmittag protestierte der Stadtelternrat gegen die seiner Ansicht nach »unzureichende« und »verantwortungslose« Anweisung der Kommune. Sie lasse die Fürsorgepflicht für alle an Schule Beteiligten vermissen, da infizierte Personen bereits vor dem sichtbaren Auftreten von Symptomen ansteckend sein könnten. Die Elternvertretung forderte stattdessen, alle betroffenen Schulen für mindestens zwei Wochen zu schließen. Sollte das Infektionsgeschehen dann nicht aufgeklärt sein, müssten die Stadt und der Kreis die Schließzeit verlängern und sogar auf alle Schulen ausweiten.
Dem kam die Stadtverwaltung jetzt weitgehend nach: »Alle Schulen im Göttinger Stadtgebiet bleiben ab sofort bis einschließlich Freitag, 5. Juni, präventiv geschlossen«, erklärte der Krisenstab am Mittwoch. Die Maßnahme verschaffe Zeit, um Tests auszuwerten, mögliche Corona-Infektionsketten nachzuverfolgen, Quarantäneanordnungen auszusprechen und ein weiteres Infektionsgeschehen möglichst frühzeitig einzudämmen. Auch die berufsbildenden Schulen in Göttingen, rund ein Dutzend Schulen im Kreisgebiet und fünf Kindertagesstätten bleiben zunächst bis Freitag dicht.
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