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Bartsch: Senkung der Mehrwertsteuer ist »ökonomisch widersinnig«

Kritik an Mammut-Konjunkturprogramm der Bundesregierung durch Opposition und Umweltverbände / Grüne loben Verzicht auf Abwrackprämie

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Oppositionspolitiker haben das von der großen Koalition vereinbarte Konjunkturprogramm gegen die Folgen der Corona-Krise größtenteils scharf kritisiert. Es seien zwar »sinnvolle Entscheidungen für Kommunen und Familien« getroffen worden, erklärte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch in der Nacht zum Donnerstag. Jedoch sei in dem Paket auch »viel Stückwerk und Strohfeuer«. Das Programm sei »wenig zielgenau, wenig nachhaltig und unfassbar teuer«. Die Große Koalition sei mehr mit ihren Kompromissen als mit den Problemen der Menschen beschäftigt.

Linke: zu viel Lobbyismus, zu wenig Klima

Die befristete Senkung der Mehrwertsteuer sei »ökonomisch widersinnig«, kritisierte Bartsch. Das Leben werde für die Bürger weder sozial noch wirtschaftlich sicherer. Zugleich finde sich in dem Paket zu wenig zu den Themen Bildung und Zukunft - dafür »viel Lobbyismus«. Unklar sei zudem, wer die Rechnung bezahle, sagte Bartsch weiter. »Ich höre von der Bundesregierung dazu nichts.« Es brauche eine Abgabe für Multimillionäre und eine große Steuerreform.

Der Klimaexperte der Linksfraktion, Lorenz Gösta Beutin, lobte die Entscheidung der Koalition gegen eine Kaufprämie für Benzin- und Dieselautos. Jedoch würden die Beschlüsse »einen echten ökologischen Neustart in Deutschland nicht auslösen«. Beutin kritisierte konkret, dass Corona-Hilfen für Unternehmen nicht an verbindliche Klimavorgaben geknüpft würden. Für die Klima-Rettung habe die Koalition »eine große historische Chance vertan«.

Baerbock: Konjunkturpaket zeugt von »Lernkurve« der Koalition

Grünen-Chefin Annalena Baerbock sieht im Konjunkturpaket der schwarz-roten Koalition eine »Lernkurve« - fordert aber weitere Hilfen etwa für Hartz-IV-Empfänger. »Das Konjunkturpaket der Bundesregierung ist besser als befürchtet«, sagte Baerbock am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. So habe die Koalition von der »fatalen Abwrackprämie«, einer Kaufprämie auch für Diesel und Benziner, Abstand genommen. »Diese Lernkurve ist anzuerkennen.« Entscheidend sei, ob aus den vielen Prüfaufträgen in dem Kompromiss von Union und SPD nun das Richtige gemacht werde, um die ökologische Modernisierung voranzutreiben.

»Enttäuschend ist, dass die Bundesregierung bei den Armen und von der Krise am stärksten Gebeutelten offenbar trotz 130 Milliarden nichts übrig hat«, kritisierte die Grünen-Chefin. Eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze wäre dringend nötig gewesen, auch Solo-Selbstständige blieben außen vor. »Wer als freie Tontechnikerin oder Musiker lebt, dem nützen Betriebskostenzuschüsse nichts, weil schlicht das Einkommen zum Leben fehlt.«

Auf die Senkung der Mehrwertsteuer für das kommende halbe Jahr reagierte Baerbock zurückhaltend: Sie könne einen Konjunkturimpuls geben, sagte sie. Die »Kauf-vor-Ort-Gutscheine«, die die Grünen verlangt hatten, wären aber zielgerichteter gewesen. »Eine Mehrwertsteuersenkung macht natürlich auch teure Benziner billiger, ganz egal welche Abgaswerte. Das ist nicht der Sinn der Übung.«

Klimaaktivisten feiern Streichung der Kaufprämie für Verbrenner

Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace urteilte, das Konjunkturpaket sei »bestenfalls blassgrün«. Einige sinnvolle Investitionen in Klimaschutz würden »überlagert von vielen Maßnahmen, die Geld pauschal mit der Gießkanne verteilen, etwa über die gesenkte Mehrwertsteuer«, erklärte der Greenpeace-Klimaexperte Tobias Austrup.

Die Regierung verpasse damit »eine historische Chance auf einen ökologischen Aufbruch«, beklagte Austrup. Er forderte die Bundestagsabgeordneten auf, das Paket in dieser Hinsicht nachzubessern.

Klimaaktivisten von »Fridays for Future« und »Sand im Getriebe« feierten die Streichung der Kaufprämie für Verbrenner auf Twitter als Erfolg. Sie hatten in den letzten Wochen bundesweit gegen die von ihnen als »Abfckprämie« getaufte Maßnahme demonstriert. Agenturen/nd

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