Bundesregierung blockiert Seenotretter

CSU-geführtes Verkehrsministerium erhöht mit neuen Auflagen Zulassungsanforderungen für NGOs

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 2 Min.

Das Bundesverkehrsministerium versucht offenbar mit einer Änderung von Regelungen, deutsche Seenotrettungsorganisationen in ihrer Arbeit zu behindern. Nach neuer Rechtslage werden entsprechend eingesetzte Schiffe nun mit Sicherheitsanforderungen konfrontiert, die sie kaum erfüllen können. »Die Boote können jetzt nicht mehr auslaufen, es drohen zudem hohe Bußgelder«, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Organisationen Mare Liberum, Mission Lifeline und Resqship vom Dienstag.

Das vom CSU-Politiker Andreas Scheuer geführte Bundesverkehrsministerium änderte die Seesportbootverordnung und die Schiffssicherheitsverordnung, ermächtigt durch das Seeaufgabengesetz. Jachten oder Kleinfahrzeuge, die »im Bereich der Seenotrettung, inklusive Beobachtungsmissionen, oder anderer humanitärer Zwecke« eingesetzt sind, müssen fortan ein Schiffssicherheitszeugnis nachweisen, welches an aufwendige Anpassungen geknüpft ist. Aus Sicht der NGOs reagiert das Verkehrsministerium damit auf ein von Mare Liberum im vergangenen Jahr gewonnenes Gerichtsverfahren.

Im April 2019 untersagte die zuständige Behörde das Auslaufen des gleichnamigen Schiffes des Vereins. Weil das Boot »Mare Liberum« nicht für »Sport- und Freizeitzwecke« eingesetzt werde, brauche es ein Schiffssicherheitszeugnis. Diese waren zum damaligen Zeitpunkt für Schiffe zu beruflichen Zwecken erforderlich, nicht aber für Boote zu »Sport- und Freizeitzwecken«. Der Verein klagte gegen die Festhalteverfügung und bekam im September 2019 recht. Das Oberverwaltungsgericht Hamburg entschied, »Freizeit« könne auch »gemeinnützige und humanitäre Tätigkeiten einschließen«. Seenotrettungsorganisationen dürfen also mit Kleinfahrzeugen ohne Sicherheitszeugnis in See stechen.

Die Bundesregierung wollte sich mit der Entscheidung nicht zufriedengeben. Anfang März tauschte sie die Formulierung »Sport- und Freizeitzwecke« durch »Sport- und Erholungszwecke« aus - und umging damit die Entscheidung des Hamburger Oberverwaltungsgerichts. Da die Boote der Seenotrettungsorganisationen jetzt weder »beruflichen Zwecken« noch »Erholungszwecken« dienen, müssen sie doch wieder das Sicherheitszeugnis vorweisen.

»Ziel der neuen Verordnung ist, unsere Einsätze zu verhindern«, sagte Hanno Bruchmann, Vorstandsmitglied von Mare Liberum. »Unter dem Radar der Öffentlichkeit ziehen die CSU-geführten Ministerien einen Knüppel nach dem anderen aus dem Sack, um uns ins Straucheln zu bringen«, fügte Axel Steier, Vorstand von Mission Lifeline, hinzu. Man wolle nun einen Gutachter beauftragen und juristische Schritte prüfen.

In diesem Jahr sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration mindestens 269 Schutzsuchende im Mittelmeer ertrunken.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -