Finanzielles Ende ohne Schrecken
Der 1. FC Kaiserslautern nutzt als erster Verein die neuen Insolvenzregeln des DFB - samt staatlicher Hilfe
Geschäftsmodell statt Horrorszenario - die finanzielle Pleite hat im Fußball ihren Schrecken verloren: Der hoch verschuldete Drittligist 1. FC Kaiserslautern nutzt als erster Klub aus den deutschen Topligen die günstigen Rahmenbedingungen als Folge der Coronakrise und meldet Insolvenz an. Das bestätigten die Pfälzer am Montagnachmittag. Wäre dieser drastische Schritt vor wenigen Monaten noch als das Ende des viermaligen Meisters gesehen worden, bietet sich dem tief gefallenen FCK nun die Chance auf eine bessere Zukunft.
Das Zauberwort bei den Pfälzern, die mehr als 20 Millionen Euro Schulden angehäuft haben und denen für die kommende Saison 15 Millionen Euro fehlen, heißt Planinsolvenz. Der Traditionsverein möchte sich in Eigenregie sanieren und so interessant für Investoren machen. Der Gang vor das Amtsgericht fiel den Verantwortlichen jedenfalls nicht allzu schwer: Einen Abstieg wird es nicht geben, weil der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den obligatorischen Abzug von neun Punkten aufgrund der Pandemie ausgesetzt hat. Zudem wurde das Insolvenzrecht vom Gesetzgeber vorübergehend gelockert. Die Bedingungen für eine Sanierung durch eine Pleite waren nie besser.
Dem 1. FC Kaiserslautern bleibt ohnehin kein anderer Ausweg, da die Gespräche mit den Gläubigern über einen Schuldenschnitt in den vergangenen Tagen ohne ein befriedigendes Ergebnis geblieben waren. Ein weitgehender Verzicht der Kreditgeber auf ihr Geld wäre aus FCK-Sicht aber nötig gewesen, um neue Geldgeber anzulocken. Für potenzielle Investoren scheint der Klub nur dann interessant, wenn er saniert ist und keine Finanzlöcher mehr gestopft werden müssen.
Sollte alles nach den Wünschen des Vereins laufen, kann Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt im Amt bleiben. Unterstützung würde er von einem Insolvenzfachmann sowie einem Sachwalter erhalten. Auch die Verträge von Trainern und Profis würden bestehen bleiben. Der zweimalige Pokalsieger hätte mit Blick auf die kommende Saison also Planungssicherheit.
Das Konzept geht allerdings auch auf Kosten der Allgemeinheit, da die Bundesagentur für Arbeit in den kommenden drei Monaten die Gehaltskosten von monatlich bis zu 6900 Euro pro Arbeitnehmer übernehmen wird. Dass die Steuerzahler teilweise für die jahrelange Misswirtschaft des Klubs gerade stehen müssen, ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker am Geschäftsgebaren des Fußballs. Der Niedergang seit der Sensationsmeisterschaft des damaligen Aufsteigers im Jahr 1998 ist selbstverschuldet.
Vor der Umsetzung des Vorhabens braucht es allerdings noch einen Insolvenzplan, der vom Gericht abgesegnet werden muss und der die Zustimmung von mindestens der Hälfte aller Gläubiger benötigt. Die Kreditgeber sind so oder so die großen Verlierer. Bei einer Planinsolvenz werden sie wahrscheinlich auf etwa 90 Prozent ihrer Forderungen sitzenbleiben. Beim FCK wären davon in erster Linie das Finanzunternehmen Quattrex, der Vermarkter Lagardere und der Luxemburger Geschäftsmann Flavio Becca betroffen.
Durch den Schritt des Klubs liegt der Ball nun in der Hälfte der Gläubiger. Sie haben drei Monate Zeit, um sich mit den Pfälzern doch noch auf einen Schuldenschnitt zu einigen. Erst dann entscheidet das Gericht darüber, ob aus dem Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung ein tatsächliches Verfahren wird. SID/nd
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