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Kurze Entlastung durch die Krise
Immer mehr Krankenhäuser in Deutschland leben von der Substanz - die Patienten sind noch relativ zufrieden
Die deutschen Krankenhäuser könnten unter dem Strich durchaus von der Corona-Pandemie profitieren. Der Effekt dürfte allerdings nicht lange vorhalten, wie Analysen von Gesundheitsökonomen ergeben. Eigentlich beschäftigt sich der jetzt zum 16. Mal erscheinende Krankenhaus-Rating-Report mit der wirtschaftlichen Lage der Kliniken und leitet daraus Handlungsempfehlungen ab. Die aktuelle Gesundheitskrise und die staatlichen Reaktionen darauf werden jedoch manche Entwicklungen beschleunigen, wie sich bei der Vorstellung des Berichtes am Donnerstag zeigte.
Der Zustand der Branche hat sich im Jahr 2018 weiter verschlechtert, 13 Prozent der Häuser befanden sich in »erhöhter Insolvenzgefahr«, sogar 29 Prozent schrieben auf Konzernebene einen Jahresverlust. Ausschlaggebend dafür dürfte ein erneuter Rückgang der Behandlungsfälle sein, wenn auch nur um 0,1 Prozent. Drei Gründe werden hierfür von den Autoren der Analyse vermutet: zunehmender Fachkräftemangel, intensivere Prüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) und eine zunehmende Verlagerung der Versorgung in den ambulanten Bereich.
Regional betrachtet ist die allgemeine wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser am schlechtesten in Baden-Württemberg, Hessen und Bayern, signifikant besser hingegen in Ostdeutschland. Hier, so Sebastian Krolop, Arzt, Ökonom und Mitautor des Reports, hätten harte Einschnitte in der Struktur ab 1990 stattgefunden. Die Kliniklandschaft stehe jetzt ökonomisch günstiger da: »Es gibt weniger und größere Standorte, das Niveau bei den Personalkosten ist niedriger.« Die Vorteile gehen allerdings auch wieder verloren. Denn von den 40 Prozent der Landkreise, in denen die Lage bei der Versorgung instabil sei, befinden sich auch einige im Osten, darunter im Nordosten Brandenburgs.
In Zukunft solle die Patientenzufriedenheit eine größere Rolle spielen als bisher, so eine der Schlussfolgerungen für den Wandel in dem Bereich. Zwar sei die Zufriedenheit schon jetzt relativ hoch, aber es gebe ein paar deutliche, wenn auch kleine Unterschiede. So schnitten im Zeitraum von 2014 bis 2018 die freigemeinnützigen Träger (Kirchen und Wohlfahrtsverbände) besonders gut ab, der Osten besser als der Westen. In ländlichen Bereichen war man mit der pflegerischen Versorgung zufriedener, in den Städten mit der ärztlichen. Kleine Häuser zeigten sich hier ebenso im Vorteil wie die mehr spezialisierten Kliniken.
Selbst wenn es manchen Krankenhäusern heute relativ gut geht, die meisten leben von der Substanz. 2018 lagen die eigentlich verpflichtenden Investitionen der Länder für den Bereich bei 3,04 Milliarden Euro. »Geht man aber davon aus, dass mindestens sieben bis acht Prozent des Umsatzes investiert werden müsste, fehlt hier noch einmal der gleiche Betrag«, rechnet Boris Augurzky vor. Der Volkswirt ist für das RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung tätig und ebenfalls Autor des Reports.
Für ihn ist offen, wie viele der heute noch bestehenden Krankenhäuser auch in Zukunft existieren können. Die Corona-Pandemie und ihre Folgen bringen für die Kliniken einige finanzielle Sondereffekte. Sie erhalten eine Pauschale für jedes frei gehaltene Bett, im Moment noch 560 Euro pro Tag. Schon jetzt scheint absehbar, dass das günstiger ist, als mit der normalen Bettenauslastung in Nicht-Pandemie-Zeiten zu wirtschaften. Außerdem gibt es Zulagen für Schutzmaterial, eine Förderung des Ausbaus der Zahl von Intensivbetten und einen erhöhten Tagespflegesatz. Die MDK-Prüfungen wurden vorübergehend reduziert - alles in allem kommen bei den Krankenhäusern insgesamt etwa zehn Milliarden Euro mehr an.
Nach den Bundestagswahlen 2021 werde es jedoch einen Offenbarungseid in Sachen Finanzierung des Gesundheitswesens geben, so Augurzky. Jetzt fließende Mittel zur Krisenbewältigung könnten nicht noch einmal ausgegeben werden, die öffentlichen Einnahmen dürften geringer sein: »Der Druck auf das Gesundheitswesen wird massiv ansteigen.« Zeigen könne sich das darin, dass der Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung reduziert werde, außerdem in einem erhöhten Effizienzdruck auf die Krankenhäuser. Auf die Versicherten könnten höhere Zuzahlungen zukommen, das Gesamtsystem würde auf seine Effizienz überprüft. Das könnte auch eine Chance sein, etwa für die Überwindung der Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung.
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