Die Mongolei hat die Wahl

  • Fabian Kretschmer
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn am Mittwoch die über zwei Millionen Wahlberechtigten zum Urnengang antreten, werden sie dies mutmaßlich nüchtern tun: In sämtlichen Provinzen des Landes ist nämlich der Verkauf von Alkohol seit Dienstagabend verboten.

Die Mongolei, die sich zwischen Russland im Norden und China im Süden entlang schmiegt, wurde rund 60 Jahre lang unter kommunistischer Hand regiert. Nun hält das nordostasiatische Land seine seit 1992 achte demokratische Parlamentswahl ab - und den weltweit erst zweiten landesweiten Urnengang seit Ausbruch des Coronavirus.

»Diese Wahl ist wichtig in einer Zeit, in der die Demokratie weltweit unter Bedrohung zu sein scheint«, analysiert Byambajav Dalaibuyan vom Mongolian Institute for Innovative Policies. Denn auch innerhalb des Landes ist die noch junge Demokratie zunehmend geschwächt: Die exzessiven Machtansprüche von Präsident Khaltmaa Battulga gefährden die parlamentarische Entscheidungsgewalt und die Unabhängigkeit der Justiz. Wer dagegen aufbegehrt, riskiert eine Gefängnisstrafe: Fünf Kandidaten sind seit Beginn des Wahlkampfs verhaftet worden.

Die dominierenden Wahlthemen sind wirtschaftlicher Natur: Ein Drittel der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze und viele Slums außerhalb der Stadtgrenzen Ulan Bators sind weder ans Stromnetz noch an die Kanalisation angeschlossen. Dies mag für Außenstehende überraschen, denn das Land ist reich an mineralischen Naturschätzen, doch davon profitiert nur eine kleine Elite: Die soziale Schere zwischen arm und reich schnellt rasant auseinander. Vor allem aber grassiert die Korruption unter der politischen Elite.

Viele Parteien nominieren daher junge, im Ausland ausgebildete Kandidaten, um für frischen Wind zu sorgen. Dabei geht es vor allem um »neue Gesichter«, die sich inhaltlich nicht arg unterscheiden, doch den Mief um Vetternwirtschaft und Establishment ablehnen. Gleichzeitig haben bei dieser Wahl auch unabhängige Kandidaten ohne eine große Partei im Rücken gute Chancen. Per Wahlgesetz müssen mindestens ein Fünftel der Kandidaten Frauen sein.

Die amtierende mongolische Volkspartei konnte bei den vergangenen Wahlen 2016 noch stolze 65 der 76 Parlamentssitze für sich gewinnen. Seither ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung, das politische Establishment und seine Institutionen geradezu erodiert. Das liegt vor allem an der weit verbreiteten Veruntreuung von Steuergeldern.

Den vielleicht größten Erfolg der Regierung hat sie aktuell errungen: Das Land ist erstaunlich gut durch die Coronakrise gekommen. Bis auf 200 importierte Fälle gab es keine Erkrankungen, auch ist bislang noch kein Infizierter an dem Virus gestorben. Wegen der Covid-19-bedingten Abschottung findet die Wahl ohne internationale Beobachter statt.

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