Der Bock im Schlachthof

Kurt Stenger über ausbleibende EU-Maßnahmen gegen Dumpingkonkurrenz

Es ist bemerkenswert, dass Rumäniens Botschafter Arbeitsbedingungen in Deutschland kritisiert, und zwar in den Schlachthöfen. Immerhin steht oft das südosteuropäische Land am Pranger, wenn es um Dumpinglöhne in der EU geht. Wenn es um deutsche Standortinteressen geht, gehört zu den Kritikern auch die Bundesregierung, zumal sie sich als Vertreter eines Hochlohnlandes darstellt. Das stimmt, wie der sehr große Niedriglohnsektor zeigt, überhaupt nicht. Seit Jahren beklagt sich Dänemark über Lohndumping der boomenden deutschen Fleischbranche, das viele Jobs nicht nur bei unserem nördlichen Nachbarn gekostet hat. Es ist bezeichnend, dass erst die Coronagefahren hierzulande für politische Bewegung sorgen.

Doch es müsste um viel mehr gehen: europäische Mindeststandards gegen die in vielen Branchen übliche Dumpingkonkurrenz. Sozialversicherungspflicht für alle, EU-Mindestlöhne und Stärkung tarifverträglicher Bezahlung sind nur einige Stichworte. Bislang fördern die Binnenmarktregeln das Dumping, doch da derzeit viel von europäischer Solidarität geredet wird, sollten dem auch Taten folgen. Es wäre Aufgabe der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, das Thema vorne auf die Agenda zu setzen. Allerdings macht sich der Bock nur selten gut als Gärtner. Da sind Deutschland und Rumänien bei allen sonstigen Unterschieden mal fast gleich.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.