Trump: US-Truppen aus Deutschland sollen teilweise nach Polen

US-Präsident empfängt polnischen Präsidenten im Weißen Haus und kritisiert Ostsee-Pipeline Nord Stream 2

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Washington. US-Präsident Donald Trump will mit dem von ihm geplanten Teilabzug von Soldaten aus Deutschland unter anderem die amerikanischen Truppen in Polen verstärken. Trump bekräftigte am Mittwoch im Weißen Haus bei einer Pressekonferenz mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda, die Präsenz der US-Soldaten in Deutschland solle »ganz wesentlich« auf 25.000 reduziert werden. Trump begründete den Schritt erneut mit den nach seiner Ansicht mangelnden Verteidigungsausgaben Deutschlands.

Einige der Soldaten aus Deutschland sollten in die USA zurückkehren, sagte Trump. Andere würden an andere Standorte in Europa verlegt, und »Polen wäre einer dieser anderen Orte«. Polen habe sich bereiterklärt, für die US-Truppen im Land zu bezahlen. Derzeit sind rund 34 500 US-Soldaten in Deutschland stationiert.

Trump kritisierte am Mittwoch erneut die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, die Gas von Russland nach Deutschland bringen soll. »Deutschland bezahlt Russland Milliarden Dollar, um Energie aus Russland durch diese Pipeline zu kaufen«, sagte er. Zugleich wolle Deutschland von den USA gegen Russland verteidigt werden. »Ich denke, dass die Menschen in Deutschland darüber sehr unglücklich sind.«

Duda sagte, er habe bei dem Treffen mit Trump dafür plädiert, die Zahl der US-Soldaten in Europa nicht zu verringern. Er habe Trump gebeten, »keine Truppen aus Europa abzuziehen, da Europas Sicherheit wichtig für mich ist«, sagte der polnische Präsident. Die amerikanische Militärpräsenz habe seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs Europas Sicherheit garantiert. Wenn ein Teil der US-Truppen von dort abgezogen werde, sei diese gefährdet.

Die nationalkonservative PiS-Regierung in Warschau möchte seit Langem mehr US-Truppen in ihrem Land haben - vor allem als Abschreckung gegen Russland. Die Vorstellungen reichen bis zu einer ständigen US-Militärbasis in Polen, in der polnischen Öffentlichkeit »Fort Trump« genannt. Bislang sind US-Soldaten dort im Rotationsprinzip stationiert, nach Angaben der polnischen Regierung derzeit rund 5000.

Trump empfing Duda wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl in Polen, was Vorwürfe der Wahlbeeinflussung mit sich brachte. Trump hielt sich mit seinem Lob für den Besucher dennoch nicht zurück. »Ich glaube, er hat eine Wahl vor sich, und ich glaube, er wird sehr erfolgreich sein«, sagte Trump. »Er macht einen grandiosen Job. Die Menschen in Polen halten große Stücke auf ihn.« Der US-Präsident fügte hinzu: »Er wird mit oder ohne uns sehr gut abschneiden.«

Duda musste dennoch ohne konkrete Zusagen nach Hause zurückkehren. Trump stellte ein Verteidigungsabkommen lediglich in Aussicht. Man arbeite zudem an einem Abkommen zur Zusammenarbeit im zivilen nuklearen Bereich, sagte der US-Präsident. Konkrete Vereinbarungen etwa zur Verstärkung der US-Truppen oder zu einer ständigen US-Militärbasis in Polen gab es aber nicht.

Am Lob Trumps für Polen mangelte es dennoch nicht. Trump betonte, die USA und Polen seien nie enger verbunden gewesen als jetzt. Mit Duda pflege er »eine großartige persönliche Beziehung«. Trump verwies erneut darauf, dass Polen neben den USA zu nur wenigen Nato-Staaten gehöre, die das Zwei-Prozent-Ziel des Bündnisses erfüllten. Deutschland dagegen bezahle nur einen Bruchteil. Trump sprach von »etwas mehr als einem Prozent«, es könnte aber - je nach Berechnung - auch weniger als ein Prozent sein, meinte der US-Präsident.

Das Zwei-Prozent-Ziel der Nato sieht vor, dass sich alle Alliierten bis 2024 dem Ziel annähern, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung auszugeben. Deutschland hat die Ausgaben in den vergangenen Jahren deutlich gesteigert, lag aber 2019 dennoch erst bei einem BIP-Anteil von 1,38 Prozent.

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer forderte die USA auf, bei einer möglichen Truppenverlegung von Deutschland nach Polen Nato-Vereinbarungen mit Russland einzuhalten. In einem Interview der Denkfabrik Atlantic Council erinnerte sie die amerikanischen Verbündeten an die Nato-Russland-Akte aus dem Jahr 1997, in der die Nato auf eine dauerhafte Stationierung »substanzieller Streitkräfte« in den einstigen Mitgliedsstaaten des Warschauer Pakts oder der Sowjetunion verzichtet.

Gegen Trumps Pläne, Soldaten aus Deutschland abzuziehen, regt sich auch in seiner eigenen Partei erheblicher Widerstand. Der führende Republikaner im Auswärtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses, Michael McCaul, und fünf seiner republikanischen Kollegen aus dem Gremium forderten Trump in einem am Dienstag veröffentlichten Brief dazu auf, die Entscheidung zu überdenken. Ein Abzug von US-Soldaten aus Deutschland würde auch »die Nationale Sicherheit der USA gefährden«, warnten sie.

Führende Demokraten im US-Kongress haben bereits angekündigt, den teilweisen Abzug von US-Truppen aus Deutschland per Gesetz stoppen zu wollen. Der Präsident kann den Teilabzug als Oberbefehlshaber der Streitkräfte anordnen; um ihn umzusetzen, wird aber Geld nötig sein, das der Kongress bewilligen muss.

Der frühere Befehlshaber der US-Truppen in Europa, Ben Hodges, hatte Trumps Pläne für eine Truppenreduzierung in Deutschland als Schwächung der USA und der gesamten Nato bezeichnet. »Ich habe gehört, dass dies eine Strafe für Deutschland sein soll. Das zeigt leider einen totalen Mangel an Verständnis - sowohl beim US-Präsidenten als auch beim ehemaligen US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, warum wir Soldaten in Deutschland haben«, sagte der pensionierte Dreisterne-General der dpa. »Sie sind nicht dort, um Deutschland zu verteidigen, sondern sie sind für uns dort.« dpa/nd

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