Katapult-Magazin packt die virtuelle Steinschleuder aus

Der Chefredakteur des Katapult Magazins ist wütend: Der Hoffmann und Campe Verlag habe sein Buch kopiert.

  • Mascha Malburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Fast ein Beltracchi: Die Zeit-Autoren haben sich bei ihrem Buch keine große Mühe gegeben, die Ähnlichkeit zum Buch des Katapult-Magazin zu verdecken.
Fast ein Beltracchi: Die Zeit-Autoren haben sich bei ihrem Buch keine große Mühe gegeben, die Ähnlichkeit zum Buch des Katapult-Magazin zu verdecken.

»Ich schreibe ein Buch / Die ganze Nation kennt es schon« - wer sich den 17.0000 Zeichen langen Ausraster von Benjamin Fredrich, Chefredakteur des »Katapult Magazin«, durchliest, summt irgendwann ganz automatisch die Melodie von »Alles nur geklaut«. Denn Fredrich rechnet darin mit seinem ehemaligen Verleger »Hoffmann und Campe« (Hoca) ab, der jetzt ein Buch veröffentlicht hat, dass augenscheinlich vom »Katapult Magazin« »gestohlen, gezogen und geraubt« ist, wie die Prinzen trällern würden.

Wie im Songtext hoffte der Hoca-Verlag wohl, dass es keiner bemerkt. Doch Katapult-Chef Fredrich beließ es nicht bei stillen Unterlassungsklagen: Er verpetzte den Verlag in einem fulminanten Wut-Text. Dass Fredrich dabei die Hoca-Führungsriege als »stramm abgefuckte Finanzbobbis« inszeniert, und auch nicht vor Beleidigungen gegen den »unehrlichen Scheißhaufen« zurückschreckt, hat ihm in den letzten Tagen ein amüsiertes Netzpublikum beschert - und dem »Hoffmann und Campe«-Verlag einen kleinen Skandal.

Aber von vorne: Das »Katapult Magazin« wurde 2015 an der Uni Greifswald gegründet. Die Idee: Sozialwissenschaftliche Fakten visuell anrichten, das Auge liest und lernt bekanntlich mit. Heraus kamen ungewöhnliche Grafiken, die zeigen, in welchen Städten welche Drogen im Abwasser landen, oder Quatschkarten mit Nachnamen, die beweisen, dass es nicht nur einen Rudi Völler gibt. Aber auch politische Grafiken, die Ungleichheiten veranschaulichen oder Polizeigewalt in Europa aufdecken, machten das Magazin aus Vorpommern schnell zum deutschen Vorreiter in der selbst erfundenen Sparte »Kartografik«.

Auf Instagram bescheren die Bilder dem Magazin inzwischen 200.000 Follower, fast halb so viele wie der großen »Süddeutsche Zeitung«. Apropos SZ, die musste im Februar zugeben, regelmäßig Ideen von Katapult zu kopieren. Und wie sieht es mit dem abgekupferten Buch des Hoca-Verlag aus?

Das liegt weiter in den Schaufenstern deutscher Buchläden, gleich neben dem Original von Katapult, dass im gleichen Verlag vor einem Jahr erschienen ist. Damals hatten Hoca und Katapult noch gemeinsame Sache gemacht, der große Verlag gab dem kleinen Magazin eine Chance, veröffentlichte ein Buch mit ihren besten Grafiken - und wurde nicht enttäuscht: Das Buch wurde zum Bestseller, bis heute spült es ordentlich Geld in die Verlagskassen.

Hoffmann und Campe, laut Fredrich vom Erfolg des Buches einigermaßen verblendet, wollte gleich einen zweiten Band herausgeben- verscherzte es sich aber mit Katapult, weil der Verlag glaubte, das kleine Magazin mit billigen Tricks um ihren Anteil zu bringen - so behauptet es zu mindestens Fredrich.

Katapult suchte sich schließlich einen neuen Verlag, Hoca suchte sich zwei Zeit-Autoren, die das alte Cover von Katapult à la Beltracchi nachmalten, den Grafikstil imitierten und sich von den neuen Inhalten des Magazins, »inspirieren« ließen. So kam der Verlag doch noch an sein zweites Kartenbuch - wenn auch auf sehr dreisten Grauzonen-Wegen.

Rechtlich wird das kleine Magazin wenig gegen den großen Verlag ausrichten können. Doch mit seinem öffentlichen Verriss hat Katapult-David diese Woche eine virtuellen Stein in Richtung Hoca-Goliath geschleudert.

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