- Politik
- Andrej Plenković
Kroatien rückt nach rechts
Mehrheit für konservative HDZ bei Parlamentswahlen - Linksbündnis übertrifft Erwartungen
Andrej Plenković ist der große Gewinner der kroatischen Parlamentswahlen. Der amtierende Ministerpräsident und Vorsitzende der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) hatte im Vorfeld die notorisch schlechten Umfrageergebnisse seiner Partei einfach ignoriert und auf eine ähnliche Ausgangslage wie bei den vergangenen Wahlen 2016 verwiesen. Herausgekommen ist ein unerwartet deutlicher Sieg.
Nach Angaben der Staatlichen Wahlkommission errang die HDZ 63 der 151 Mandate im kroatischen Parlament (Sabor). Damit verfehlte sie zwar deutlich die absolute Mehrheit, konnte aber die größte Oppositionspartei - die Sozialdemokratische Partei (SDP) - klar hinter sich lassen. Umfragen hatten das sozialdemokratisch geführte Wahlbündnis Restart vorne gesehen, doch am Ende reichte es nur für 43 Mandate.
Mit dem Wahlsieg dürfte Plenković seine Position in der HDZ weiter gefestigt haben. Trotz seines technokratischen Regierungsstils profitierte der Ministerpräsident von seinem Image als erfolgreicher Krisenmanager in der Coronapandemie. Als in Italien die Infektionszahlen rasch anstiegen, setzte die Regierung einen umfassenden Lockdown mit weitreichenden Ausgangssperren durch. Dadurch konnte sie die Pandemie unter Kontrolle halten.
Allerdings bleibt Plenkovićs Kurs in der eigenen Partei stark umstritten. Anders als sein Vorgänger auf dem Parteivorsitz, Tomislav Karamarko, repräsentiert der Ministerpräsident das eher liberale Spektrum der national-konservativen HDZ. In den vergangenen Jahren gründeten enttäuschte Parteimitglieder des rechten Flügels daher neue Rechtsparteien. So etwa der Musiker Miroslav Škoro, der mit seiner rechtsextremen Heimatbewegung (Domovinski Pokret) insgesamt 16 Mandate erringen konnte und drittstärkste Kraft wurde. Mit der Most (Brücke) ist eine weitere rechte Partei mit acht Sitzen im künftigen Parlament vertreten. Beide - Heimatbewegung und Most - hetzen offen gegen die serbische Minderheit, sind erklärte Abtreibungsgegner und stehen für eine radikale neoliberale Wirtschaftspolitik.
Ob die HDZ eine Koalitionsregierung mit einer der beiden Rechtsparteien eingeht, ist jedoch fraglich. Vor der Wahl hat die Heimatbewegung immer wieder erklärt, dass sie für eine Koalition mit der HDZ bereitstünde, Plenkovićs Rücktritt vom Posten des Ministerpräsidenten jedoch zur Bedingung gemacht. Dieser bekräftigte wiederum am Wahlabend, an seinem Kurs festzuhalten. Als wahrscheinlich gilt daher eine Koalition mit den Parteien der ethnischen Minderheiten, für die im Parlament acht Mandate reserviert sind.
Entgegen dem allgemeinen Rechtsruck schnitt das linke Wahlbündnis Možemo! (Wir können es!) mit insgesamt sieben Mandaten weitaus stärker ab als erwartet. Besonders erfolgreich war Možemo! in der Hauptstadt Zagreb und in der Region Istrien. Das Wahlbündnis grenzt sich im Gegensatz zu den anderen Parteien von der neoliberalen Wirtschaftspolitik der Regierung ab, kritisiert die einflussreiche Rolle der katholischen Kirche und den Nationalismus des rechten Lagers.
Mit dem Einzug einer neuen Linkspartei ins Parlament wächst auch innerhalb der sozialdemokratische SDP Kritik am bisherigen Rechtskurs. Noch in der Wahlnacht forderten bekannte Mitglieder des linken Parteiflügels, Konsequenzen aus der Wahlniederlage zu ziehen. Genau wie ihre deutsche Schwesternpartei hat sich die SDP von klassischen sozialdemokratischen Positionen verabschiedet. In der letzten Regierungsperiode von 2011 bis 2015 setzte sie sogar weitreichende Deregulierungen des kroatischen Arbeitsmarktes durch, vor denen sich die HDZ bisher gescheut hatte. Am Montag erklärte Parteichef Davor Bernardić als Reaktion auf die Kritik seinen Rücktritt. Dieser hatte noch vor der Wahl eine Wahl von bekannten sozialdemokratischen Politikerinnen mit den Worten abgelehnt, Politik sei kein Ort für Experimente. Ob dies eine inhaltliche und personelle Neuausrichtung der SDP zur Folge haben wird, bleibt jedoch abzuwarten.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.