- Politik
- KSK-Affäre
Truppenbesuch und Dienstpflichtdiskussion
SPD-Chefin Esken fordert in Calw rückhaltlose Aufklärung der rechtsradikalen Vorfälle im KSK
Auf das Kommando Spezialkräfte (KSK) will SPD-Chefin Saskia Esken nicht verzichten. »Dass die Kompetenzen gebraucht werden, liegt auf der Hand und bleibt auch wahr«, sagte Esken anlässlich eines Truppenbesuches in der Graf-Zeppelin-Kaserne in ihrem Wahlkreis in Calw. Über die Struktur des KSK müsse man jedoch reden.
Das KSK war im Mai nach dem Fund eines privaten Waffen-, Munitions- und Sprengstoffdepots bei einem als rechtsradikal geltenden Soldaten der Elitetruppe einer Überprüfung unterzogen worden. In einer ersten Zwischenbilanz hatten Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, ein Maßnahmenpapier vorgestellt, das nach eigenem Bekunden »nach vorn« ausgerichtet sein soll. Neben der Auflösung einer als rechtsradikal eingeordneten Kompanie, in der eine »toxische Führungskultur« den weiteren Dienstbetrieb unmöglich mache, wurden vor allem organisatorische Maßnahmen wie Stellenaufwüchse, Umstrukturierungen in der Ausbildung und ein neues Konzept für die Öffentlichkeitsarbeit umrissen. Überprüft werden müssten aber auch die Verbindungen des Militärischen Abschirmdienstes zum KSK. Dieser war in der Vergangenheit durch enge Verbindungen aufgefallen und steht im Verdacht, rechtsradikale KSK-Soldaten vor Ermittlungsmaßnahmen gewarnt zu haben.
Lesen Sie auch den Kommentar: »Kuscheln statt eiserner Besen«
»Welche Gefahr da von Rechtsextremen ausgeht, die Zugang zu Waffen und Munition haben, die womöglich geheime Lager angelegt haben und die sich auf einen Tag X vorbereiten, die lässt sich kaum in Worte fassen«, sagte Esken. Ihr Parteikollege und Oberbürgermeister von Calw in Baden-Württemberg, Florian Kling, der dem Besuch beiwohnte, will das KSK wieder näher an die Öffentlichkeit bringen. Die Parallelwelt, die in der Graf-Zeppelin-Kaserne entstanden ist, dürfe nicht fortbestehen. »Es hat über zu lange Zeit zu viel Geheimhaltung und zu wenig Transparenz und Kommunikation mit der Kaserne gegeben.« Früher seien Fallschirmspringer der Bundeswehr zu Festen noch direkt auf dem Marktplatz gelandet. »Das alles gibt es nicht mehr, seitdem das KSK da ist«, sagte Kling.
Die Diskussionen, wie den rechtsradikalen Umtrieben in der Bundeswehr begegnet werden kann, drehten sich am Wochenende um die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Esken äußerte am Rande ihres Besuches, sie lehne aktuell eine Dienstpflicht ab, und verwies auf die kaum herstellbare Wehrgerechtigkeit. »Da nach zehn Jahren den Schlüssel wieder umzudrehen, wäre ohnehin sehr schwierig, aber ich halte es auch für fragwürdig«, sagte sie. Aufgeschlossen zeigte sich Esken indes für ein soziales Jahr für junge Menschen im Dienst der Allgemeinheit. »Grundsätzlich würde ich es sehr begrüßen, wenn der Haushaltsgesetzgeber und die Regierung insgesamt sich aufmachen würden, all denen, die gerne so ein soziales Dienstjahr leisten wollen, auch einen Platz anzubieten«, sagte Esken. Derzeit gebe es mehr Bewerber für das freiwillige soziale Jahr als Plätze. »Wenn wir soweit sind, dass wir allen einen Platz anbieten können, dann können wir gerne auch über ein verpflichtendes Jahr sprechen.«
Den Vorschlägen zur Wiedereinführung der Wehrpflicht, die am Wochenende durch die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) aufgekommen war, schlug breite Ablehnung entgegen. Auch Verteidigungsministerin und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte sich gegen eine Wehrpflicht, aber für ein soziales Jahr im Rahmen einer Dienstpflicht ausgesprochen. Kritik daran kam von den kirchlichen Wohlfahrtsverbänden. Ein Freiwilliger habe keine Berufserfahrung und müsse am Arbeitsplatz erst einmal eingewiesen und begleitet werden. »Die Arbeitgeber haben nicht die Kapazitäten, 700 000 junge Menschen pro Jahr aufzunehmen und gut zu begleiten«, sagte Caritas-Präsident Peter Neher. Mit Agenturen
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.