Das Problem heißt: Antifeministischer Terror

Die Bundesanwaltschaft muss den Zusammenhang zwischen Rechtsradikalismus und Frauenfeindlichkeit endlich anerkennen und Ermittlungen aufnehmen

  • Vanessa Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.

Eigentlich ist es ganz einfach: Der NSU 2.0 bedroht vor allem Frauen, die gegen Rechtsextremismus und Rassismus kämpfen. Er sollte deshalb als das bezeichnet werden, was er ist: ein rechtsextremistisches, antifeministisches Terrornetzwerk.

Wie am Dienstag öffentlich wurde, hat auch die Kabarettistin Idil Baydar rechtsextreme Drohbriefe erhalten. Zuvor war bereits bekannt, dass die NSU-Anwältin Seda Basay-Yildiz und die Linken-Politikerinnen Janine Wissler, Martina Renner und Anne Helm solche Schreiben bekommen hatten. Die Daten der Drohungen stammen aus hessischen Polizeicomputern, die in Frage kommenden Polizisten werden nicht als Verdächtige, sondern als Zeugen im Verfahren geführt. Bis heute ermittelt die Bundesanwaltschaft nicht. Die oberste Strafverfolgungsbehörde der Bundesrepublik darf nur in bestimmten Fällen Ermittlungen übernehmen: wenn die innere oder äußere Sicherheit Deutschlands gefährdet ist, etwa durch Spionage oder Terrorismus.

Dass die innere Sicherheit hier aber gefährdet ist, scheint die Bundesanwaltschaft ebenso wenig zu erkennen, wie den Zusammenhang zwischen Rechtsradikalismus und Antifeminismus. Dabei ist längt bewiesen, dass der Hass auf Frauen auch ein Motiv für die rechtsextremen Attentäter von Halle, Christchurch und Toronto war: »Hoes suck my dick, while I run over pedestrians«, (»Nutten lutschen meinen Schwanz, während ich Fußgänger überfahre«) hörte der Attentäter von Halle am Tattag in seinem Auto. Ein Song, der nur so vor Frauenfeindlichkeit strotzt und eine Art Hommage an Alek Minassian ist, der im April 2018 in Toronto mit einem Kleinbus zehn Menschen überfahren hatte, darunter acht Frauen - getrieben vor allem vom Hass auf Frauen.

In einem Video vor seiner Tat hatte der Attentäter von Halle darüber hinaus erklärt, der Feminismus sei schuld an der sinkenden Geburtenrate im Westen, die wiederum die Ursache für die Massenimmigration sei. Auch der Attentäter von Christchurch, der im März vergangenen Jahres 51 Menschen ermordet hatte, gab dem Feminismus die Schuld: Weil Frauen nicht genug Kinder bekämen, komme es zu einem »Bevölkerungsaustausch« mit Muslimen. Und Anders Breivik, der 2011 in Norwegen insgesamt 77 Menschen erschossen hatte, schrieb: »Das Erstarken des Feminismus bedeutet das Ende des Westens«. Man müsse sich deshalb daran gewöhnen, Frauen umzubringen.

Begegnet sind sich die Täter häufig im Internet. In »Incel«-Foren, in denen sich hauptsächlich Männer treffen, die frustriert darüber sind, keine Freundin zu haben. Das Wort Incel ist ein Kofferwort aus involuntary, dem englischen Wort für ‚unfreiwillig', und celibate, dem englischen Wort für ‚Zölibat'. Kanada hatte im Mai zum ersten Mal weltweit einen Frauenmord durch einen »Incel« als terroristisch eingestuft und damit die Ideologie hinter der Attacke sichtbar gemacht. Ein Vorgehen, das auch in Deutschland dringend notwendig ist, um Bedrohungen und Anschläge in Zukunft zurückdrängen zu können.

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