Hoffnungslos rechts

Vermeintlich treffen Prepper nur Vorsorgemaßnahmen. Über eine Szene zwischen Angst und Hass

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.

»Es begann mit der Prepper-Kommission, und dann war der Begriff gesetzt«, berichtete Martina Renner, die als Sprecherin für antifaschistische Politik und stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag am Montagabend zu einer Veranstaltung des Vereins Helle Panke der Rosa-Luxemburg-Stiftung zum Thema Prepper eingeladen war.

Vom englischen »to prepare«, also vorbereiten abgeleitet, bezeichnet Prepper zunächst wertfrei eine Person, die Vorbereitungen für Notlagen trifft. Prepper horten in großem Stil Vorräte, aber auch andere Utensilien, um sich in Fällen länger andauernder Stromausfälle oder Probleme mit der Wasserversorgung selbst versorgen zu können. »Das ist kein neues Phänomen«, sagte Renner und verwies auf die Angst vor einem Atomkrieg in den 1960ern und vor einer Atomkatastrophe in den 1980er Jahren. Ihr Mitdiskutant auf dem Podium, Krimiautor und Journalist Johannes Groschupf, ging noch weiter zurück und bezeichnete Noah aus dem Alten Testament als wohl »ersten Prepper der Geschichte«.

Bewusst hat Groschupf auch den Protagonisten seines mittlerweile preisgekrönten Buches »Berlin Prepper« in Anlehnung an die biblische Figur benannt. Sein Krimi erzählt teils fiktiv, teils biografisch die Geschichte des Preppers Walter Noack, der ein Doppelleben zwischen Preppertum und Job als Kommentar-Moderator bei einer großen Berliner Zeitung führt. »Den Plot würde mir kein Mensch abkaufen«, räumte Groschupf ein. Doch reale Vorfälle, seit immer wieder über Prepper berichtet wird, bereiteten den Weg zu einem sehr real wirkenden Thriller. Während Prepper Noack seine Vorbereitungen besorgt, aber insgesamt friedlich orientiert trifft, sich körperlich mit langen Schwimmstrecken gegen die Strömung der Spree fit hält, ereilt ihn ein Schicksalsschlag. Ein Angriff nach einer Nachtschicht ist der Auftakt seiner Radikalisierung. Es trifft zunächst Noack selbst, der niedergeschlagen und verletzt wird. Dann trifft es eine Kollegin. Der vermeintliche Grund: Sie moderieren Hass- und Hetz-Kommentare, die online eingehen. Die Täter sind zunächst unklar.

Autor Groschupf hat in dem Roman seine eigenen Erfahrungen aus der Zeit als Kommentar-Moderator aufgearbeitet, zitiert die Hass-Kommentare, die in Redaktionen zu Tausenden im immer selben Muster eingehen und Angst schüren wollen. Groschupf spart dabei nicht mit Kritik an der Branche, die von den Seitenbesuchen profitiert, denn die Klickzahlen bringen Argumente für Anzeigenkunden. Nach Ansicht weist die Prepperszene seit Langem Überschneidungen mit der rechten auf und müsste mittlerweile als deren integraler Bestandteil gesehen werden. Wer von Preppern spreche, lenke davon ab, dass es eigentlich um Rechtsterrorismus gehen müsste. »In Mecklenburg-Vorpommern liegt etwas im Argen. Das Problem heißt Lorenz Caffier«, kritisiert Renner den CDU-Innenminister des Landes, unter dessen Ägide die Umtriebe rechter Prepper jahrelang verharmlost wurden. Auch drei Jahre nach den Vorfällen gibt es keine Anklage. Die Ermittlungen richten sich gegen zwei Mitglieder der mindestens 54-köpfigen Gruppe Nordkreuz, die in Chats über einen rechten Putsch nicht nur fantasierten. Die Pläne zur Tötung politischer Gegner, für die Leichensäcke und Ätzkalk beschafft werden sollten, waren offenbar weit fortgeschritten. Haik J., ein beteiligter Polizist, hatte einen Dienstrechner mit Zugriff auf das Melderegister dazu missbraucht, Feindeslisten anzulegen. Weitere Kontakte der Gruppe deuten auf Bundeswehr-, Katastrophenschutz- und AfD-Bezüge hin. Groschupf sieht wenig antifaschistisches Potenzial unter den Preppern: »Gibt es eine Initiative Prepper gegen rechts? Ich habe die Frage in einem Prepper-Onlineforum gestellt und war binnen 50 Sekunden aus dem Forum ausgeschlossen.«

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