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Regeln zur Datenauskunft an Sicherheitsbehörden sind verfassungswidrig

Bundesverfassungsgericht: Für Abfrage muss eine konkrete Gefahr oder der Anfangsverdacht einer Straftat vorliegen

  • Lesedauer: 2 Min.

Karlsruhe. Die staatlichen Zugriffsmöglichkeiten auf persönliche Daten von Handy- und Internetnutzern zur Strafverfolgung und Terrorabwehr gehen zu weit. Das Bundesverfassungsgericht erklärte mehrere Regelungen zur sogenannten Bestandsdatenauskunft für verfassungswidrig. Sie verletzten das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und das Telekommunikationsgeheimnis, wie das Gericht in Karlsruhe am Freitag mitteilte.

Das Telekommunikationsgesetz und entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen müssen nun bis spätestens Ende 2021 überarbeitet werden. Solange bleiben die beanstandeten Regelungen in Kraft. Die Richter des Ersten Senats machen aber Maßgaben für ihre Anwendung.

Polizei, Bundeskriminalamt und Nachrichtendienste nutzen die Auskünfte, um Verbrechen aufzuklären oder Terroranschläge zu verhindern. Dazu dürfen sie zum Beispiel bei Telefongesellschaften und Providern die »festen« Bestandsdaten wie Name, Anschrift und Geburtsdatum abfragen, aber auch die genutzten IP-Adressen.

Die Regelungen mussten nach einem ersten Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2012 schon einmal überarbeitet werden. Nun stellte sich heraus, dass das reformierte Gesetz immer noch nicht den Anforderungen genügt. Die Richter bekräftigen zwar, dass die Auskunft über Bestandsdaten grundsätzlich zulässig ist. Voraussetzung müsse aber das Vorliegen einer konkreten Gefahr oder der Anfangsverdacht einer Straftat sein. IP-Adressen, die Rückschlüsse auf die Internetnutzung geben, genießen besonderen Schutz.

Anlass für die neue Entscheidung waren zwei Verfassungsbeschwerden. Eine der Klagen wurde von mehr als 6000 Menschen unterstützt. Sie war 2013 von dem heutigen Piraten-Europapolitiker Patrick Breyer und seiner früheren Parteikollegin Katharina Nocun eingereicht worden. Breyer hatte zusammen mit seinem Bruder auch schon die erste Entscheidung zu den Bestandsdaten erstritten. Nocun nennt es »bedenklich, dass diese Regelung derart lange Bestand hatte, obwohl Datenschutzbehörden wiederholt auf Mängel hingewiesen haben«.

Die Grünen-Bundestagsfraktion wertete die Entscheidung als »weitere dramatische Niederlage für die Bundesregierung«. Vor allem im Sicherheitsbereich brauche es »verfassungskonforme Gesetze, die das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und das Telekommunikationsgeheimnis wahren«. Die FDP-Fraktion forderte, vor der Einführung immer neuer Maßnahmen müsse das Gesamtmaß der Überwachung in einer unabhängigen Studie untersucht werden.

Das Bundesinnenministerium erklärte, die geltenden Regelungen seien durch das Gericht nun nicht »gänzlich infrage gestellt« worden. »Wir werden prüfen, welche Anpassungen an den Regelungen vorzunehmen sind«, sagte Sprecher Steve Alter in Berlin. dpa/nd

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