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Neuer hessischer Polizeipräsident gibt Drohmails »höchste Priorität«
Innenminister Peter Beuth und Polizeipräsident Roland Ullmann stellen Maßnahmenkatalog zur Aufklärung der Affäre um rechtsextremistische Drohmails vor
Wiesbaden. Hessen hat inmitten der Affäre um rechtsextremistische Drohmails einen neuen Landespolizeipräsidenten bekommen. Landesinnenminister Peter Beuth (CDU) ernannte den bisherigen Präsidenten des Polizeipräsidiums Südosthessen, Roland Ullmann, für den Posten. Unter Ullmanns Leitung solle die Betreuung von Opfern der »NSU 2.0«-Drohmails verbessert werden, sagte Beuth am Freitag auf einer Pressekonferenz in Wiesbaden. Zugleich stellten Beuth und Ullmann einen neuen Maßnahmenkatalog zur Aufklärung der Affäre vor.
Ullmann folgt auf Udo Münch, der am Dienstag wegen nicht weitergegebener Informationen über unzulässige Datenabfragen von hessischen Polizeicomputern zurückgetreten war. Ullmann stehe für »integre Arbeit der hessischen Polizei«. Der 62-Jährige war seit 2010 Präsident des Polizeipräsidiums Südosthessen in Offenbach. Er war zudem am Aufbau der bundesweit ersten Kriminalinspektion für organisierte Kriminalität beteiligt. Er übernehme das Amt »in einer sehr schweren Stunde«, sagte Beuth.
In den vergangenen Wochen war bekannt geworden, dass mehrere Frauen des öffentlichen Lebens Drohschreiben mit der Unterzeichnung »NSU 2.0« erhalten hatten. Die nicht-öffentlichen Daten der Frauen sollen kurze Zeit vorher von hessischen Polizeicomputern abgefragt worden sein. Betroffen sind die Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz aus Frankfurt am Main, die hessische Linken-Fraktionschefin Janine Wissler, die Berliner Kabarettistin Idil Baydar, die Linken-Fraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus, Anne Helm, und die beiden Linken-Bundestagsabgeordneten Martina Renner und Helin Evrim Sommer. Medienberichten zufolge sollen auch die ZDF-Moderatorin Maybrit Illner und die »taz«-Autorin Hengameh Yaghoobifarah bedroht worden sein. Yaghoobifarah hatte im Juni mit einer umstrittenen Polizei-Kolumne für Aufsehen gesorgt.
Ullmann und Beuth stellten am Freitag auch einen Maßnahmenkatalog vor. So soll mit den Betroffenen ein »individuelles Schutzkonzept« erarbeitet oder bereits vorhandene Konzepte überprüft werden. Wer bedroht werde oder sich bedroht fühle, solle »schnelle und verbindliche Hilfe, Betreuung und Schutz« erhalten. Zum Maßnahmenkatalog gehöre auch ein neuer persönlicher Sicherheitscode für den Zugang in das Computersystem, zu dessen Geheimhaltung jeder Beamte sich verpflichten muss. Die Passwörter würden alle drei Wochen zurückgesetzt, der Bildschirm werde bei Nichtnutzung nach drei Minuten gesperrt.
Bei Personen des öffentlichen Lebens müsse zudem der Vorgesetzte eingeschaltet werden. Mittel- bis langfristig sollen auch biometrische Merkmale wie der Fingerabdruck Voraussetzung für solche Abfragen sein. Geprüft wird auch eine Bundesratsinitiative zur Strafverschärfung bei Bedrohungen.
Neben der bereits erfolgten Einsetzung des Sonderermittlers Hanspeter Mener soll außerdem eine unabhängige Experten-Kommission »die Strukturen in der Polizei untersuchen« und Handlungsempfehlungen aussprechen. Ziel sei, das Vertrauen in die Polizei wiederherzustellen. Eine »unabhängige Person des öffentlichen Lebens« soll die Leitung der Kommission übernehmen, hieß es weiter. Einen Namen gibt es noch nicht. Die Kommission soll unter anderem mit unabhängigen Sachverständigen, Vertretern der Polizeigewerkschaften und dem neuen Landespolizeipräsidenten besetzt werden.
Beuth verteidigte die hessische Polizei erneut gegen pauschale Kritik. Der Vorwurf, einzelne Polizisten könnten Teil eines rechtsextremen Netzwerks sein, sei »für jeden redlichen Polizisten nur schwer zu ertragen«, sagte er. Es gebe bislang nur ein Verdacht, keine Gewissheit. »Die überwältigende Anzahl der Polizisten in Hessen leistet täglich herausragende Arbeit«, sagte Beuth.
Die Opposition reagierte skeptisch. Der neue Mann im Ministerium werde mit den alten Problemen zu kämpfen haben, sagte Günter Rudolph von der SPD. »Wenn der Innenminister glaubt, mit dem Austausch an der Spitze der Polizei sei ihm ein Befreiungsschlag gelungen, irrt er«, kommentierte der Linke Ulrich Wilken. Und Stefan Müller von der FDP sagte, der neue Maßnahmenkatalog sei das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben wurde.
Wegen der ersten Drohnachricht an einen Mann ermittelt unterdessen die Staatsanwaltschaft Bonn. Gemeinsam mit dem Staatsschutz prüfe die Staatsanwaltschaft eine Nachricht, die der Siegburger NSU-Opferanwalt Mehmet Daimagüler erhalten haben soll. Das Dokument liege der Staatsanwaltschaft noch nicht vor, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft dem Evangelischen Pressedienst am Freitag. Der Anwalt selbst habe bislang keine Anzeige erstattet. Die Ermittler hätten die regionale Berichterstattung über das Drohschreiben zum Anlass genommen, von Amtswegen zu ermitteln. Agenturen/nd
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