Werbung

Bedrohte Juden nicht alleine lassen

Autor Ronen Steinke kritisiert fehlenden Schutz für jüdische Gemeinden

  • Elisa Makowski, epd
  • Lesedauer: 2 Min.

Frankfurt a.M. Der Autor Ronen Steinke fordert in seinem neuen Buch »Terror gegen Juden« einen besseren Schutz jüdischer Einrichtungen in Deutschland. Selbst wenn sich Juden bei einer konkreten Bedrohung an die Polizei wendeten, bedeute das nicht, dass ein offizielles Schutzkonzept erarbeitet werde, sagte der Jurist dem Evangelischen Pressedienst. »Dabei wäre es Aufgabe der Behörden, bedrohte Minderheiten konsequenter zu schützen«, kritisierte Steinke, der auch Redakteur der »Süddeutschen Zeitung« in München ist.

Herr Steinke, an diesem Dienstag soll der Prozess gegen den Attentäter von Halle, Stephan B., beginnen. Was erhoffen Sie sich von dem Prozess?

Ich bin neugierig, wie man mit den Opfern umgehen wird. Bleiben sie Zaungäste oder werden sie zu richtigen Beteiligten, denen man zuhört? Ich bin auch gespannt, ob man die Tat in einen größeren politischen Kontext stellt. Die Attentäter von Christchurch, Halle, Pittsburgh - sie alle bedienen sich der einen Verschwörungserzählung, wonach die westlichen Länder gezielt verunreinigt würden durch den Zuzug von Muslimen, Latinos und Schwarzen, und wonach Juden hierbei die Drähte ziehen. Dieses Narrativ greift Juden und Muslime gleichermaßen an.

In Ihrem Buch kritisieren Sie, dass jüdische Einrichtungen trotz Hass und Bedrohungen nicht ausreichend geschützt würden, selbst wenn sie bereits Opfer antisemitischer Anschläge wurden.

Die Erfahrung jüdischer Gemeinden in Deutschland ist, dass sie sich bei einer Bedrohung an die Polizei wenden können, aber das dies nicht bedeutet, dass sie sich dann auch auf ein offizielles Schutzkonzept verlassen können. Das Landeskriminalamt kommt, stellt eine Bedrohungslage durch Rechtsextreme oder Islamisten fest und: geht wieder. Sie werden alleine gelassen. Die jüdischen Gemeinden können dann versuchen, Anträge auf Hilfe zu stellen, das dauert Monate, manchmal Jahre.

Wie erklären Sie sich diese Untätigkeit?

Nachdem sie Kontakt gesucht haben zu Sicherheitsbehörden entsteht bei marginalisierten Gruppen - nicht nur Juden - oft der Eindruck, ihre Nöte würden als eine Art Sonderwünsche gewertet. Die Botschaft dahinter ist: Ihr gehört nicht dazu. Dadurch wird die Ausgrenzung von Juden von offizieller Seite zementiert. Betroffene von Hasskriminalität scheuen wegen solche Erfahrungen oft den Gang zur Polizei und wenden sich eher erst an Opferberatungsstellen. Im Grunde ist das ein Misstrauensvotum gegen den Staat und das darf einer Demokratie keine Ruhe lassen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -