Die Kräne drehen zu langsam

Kritiker fordern mehr Geld für landeseigenen Wohnungsbau

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 4 Min.

Diesen Dienstag soll es nun wirklich so weit sein. Der Senat soll den Bericht von Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) zur »Schaffung von Wohnraum durch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften« endlich zur Kenntnis nehmen. Ursprünglich hätte das vor zwei Wochen soweit sein sollen (»nd« berichtete). Die Zahlen sind, zumindest was die geplanten Fertigstellungen betrifft, ernüchternd. Laut »nd« vorliegendem Bericht sollen bis Ende 2021 von den sechs landeseigenen Unternehmen 23 710 Wohnungen fertiggestellt werden. Im Vorjahresbericht war man noch von 26 149 ausgegangen.

»Wir haben ein Gesamtziel gemacht bis 2030 und etwas vernachlässigt, dass Sachen auch Vorbereitungszeit haben«, räumte der Staatssekretär für Wohnen, Sebastian Scheel (Linke), kürzlich ein. »Es gibt immer Themen, die dazwischenkommen, sei es der Artenschutz oder die Verkehrserschließung«, begründete Scheel. Natürlich habe man zu spät umgeschaltet, darunter leide man noch heute. »Wir haben gezeigt, was machbar ist«, so der Staatssekretär.

Sebastian Scheel blickt lieber nach vorne: »Bis Ende 2021 werden wir über 34 000 Wohnungen fertiggestellt oder im Bau haben.« Tatsächlich wurde die Zahl der Baubeginne in den letzten Jahren deutlich nach oben geschraubt. Für die Periode von 2017 bis 2021 waren vor zwei Jahren erst Baustarts für rund 30 500 Wohneinheiten geplant. »Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sind sehr gut aufgestellt mit einer Pipeline, die mit über 60 000 Wohneinheiten gefüllt ist«, sagte der Staatssekretär.

Dass die Landeseigenen diese Ziele wirklich wuppen können, daran hegen Michael Breitkopf und Sebastian Gerhardt Zweifel. »Unausgesprochene Grundlage der heutigen Wohnungsneubauplanung ist die Hoffnung auf ein Wunder«, schreiben die beiden in einem bereits im Februar ausgearbeiteten Papier, das nun innerhalb der Linkspartei für Diskussionen sorgt. »Man müsste die landeseigenen Wohnungsunternehmen komplett umbauen, anders wird es nicht gehen«, so Linke-Mitglied Breitkopf. Einerseits geht es demnach um das Planen und Bauen. Die beiden schlagen die Abtrennung des Neubaus von den sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften vor. Die Neubauaktivitäten sollten demnach als neuer Bereich innerhalb einer zu gründenden Holding, der die Wohnungsunternehmen zugeordnet sind, gebündelt werden. Denn: »Wohnungsneubau in einer Größenordnung von 60 000 Wohneinheiten in öffentlicher Regie erfordert demgegenüber eine neue Institution, bei der Know-how und Kapital gebündelt sind.«

Bereits vor zwei Jahren hatte der Stadtsoziologe Andrej Holm in »nd« gefordert, dass Berlin eigene Bau- und Planungskapazitäten für die öffentlichen Projekte aufbaut. Die Privatwirtschaft mache das nicht anders, »und viele Bauträger haben begonnen, eigene Kapazitäten auszubauen, um sich nicht dem Risiko eines schwankenden Marktes auszusetzen«, erklärte er. Doch die Diskussion verlief relativ schnell wieder im Sande.

Sebastian Gerhardt, der sich unter anderem in der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik engagiert, hält die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften auch für wirtschaftlich nicht in der Lage, Neubau in der geplanten Größenordnung zu stemmen. »Zukünftig ist von ihnen insgesamt nicht viel mehr Neubau zu erwarten, als aktuell zu beobachten«, sagt Gerhardt zu »nd«. Denn in den Bilanzen seien keine Reserven für eine große Investitionsoffensive zu sehen. Fast elf Milliarden Euro werde die Errichtung von 60 000 Wohnungen kosten, wenn man von einem »zurückhaltend geschätzten« Stückpreis von 180 000 Euro ausgehe.

»Eine echte Lösung auf Berliner Ebene kann nur durch die Zuführung von Eigenkapital erfolgen«, sagt Gerhardt. 3,6 Milliarden Euro müssten dafür seiner Rechnung nach in den nächsten zehn Jahren fließen. Wenn zum Beispiel die Hälfte der Summe gleich zu Beginn der nächsten Legislaturperiode vom Parlament bereitgestellt würde, könnte das der Bauwirtschaft auch eine gesicherte öffentliche Nachfrage signalisieren, was den dringend nötigen Kapazitätsausbau forcieren würde, glaubt Gerhardt.

In der Senatsverwaltung für Finanzen hält man nicht viel von diesen Szenarien. »Wie auch aus dem Beteiligungsbericht ersichtlich ist, verfügen die Wohnungsbaugesellschaften über ausreichende Reserven, um das geplante Neubauvolumen umzusetzen«, sagt deren Sprecherin Eva Henkel zu »nd«. Von den Wohnungsbaugesellschaften sei »bisher die Notwendigkeit einer Eigenkapitalzuführung nicht angezeigt« worden, heißt es auch von der Stadtentwicklungsverwaltung. Sollte »die wirtschaftliche Situation der Unternehmen eine Eigenkapitalzuführung erforderlich machen«, sei dies »eine Handlungsmöglichkeit«.

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