- Politik
- Bundeswehr
Social-Media-Chef mit Rechtsdrall
Ein hoher Bundeswehroffizier sympathisiert offen mit Neonazis
Im neuesten rechtsradikalen Verdachtsfall bei der Bundeswehr ist der Protagonist ein wichtiger PR-Verantwortlicher der Truppe. Einem Vorabbericht des ARD-Magazins Panorama vom Donnerstag zufolge sympathisiert Marcel Bohnert, ehemals »Head of Social Media« der Streitkräfte, öffentlich mit Rechtsradikalen.
Doch die Erkenntnis ist nicht neu. Denn nicht nur auf Online-Plattformen wie Instagram ist der Oberstleutnant seit langem aktiv, ebenso im Karrierenetzwerk LinkedIn. Nach Angaben von Panorama hat Bohnert in Form von »Gefällt mir«-Klicks Sympathien für Parolen der neofaschistischen »Identitären Bewegung« und von »Defend Europe« bekundet.
Im Jahr 2018 produzierte der PR-Stratege hingegen Schlagzeilen, als er zusammen mit einer Gruppe Bundeswehrangehöriger die Internetkonferenz republica belagerte. Mit dabei: eine Redakteurin des Soldatensenders Radio Andernach, der zur Propagandaabteilung der Bundeswehr in Mayen gehört. Was sich vor den Toren der Konferenz abspielte, kann man getrost als Fakenews-Kampagne bezeichnen. Bohnert und seine Helfer erweckten nämlich den Eindruck, das Heer sei auf der Tagung nicht willkommen und kritisierten das angeblich intolerante Publikum. Vor einer Plakatwand mit dem Slogan »Zu bunt gehört auch grün« gab Bohnert Interviews. Radio Andernach stützte die Kampagne mit einem Facebook-Post, die Redakteurin erweckte den Eindruck, ihr sei der Zutritt zur Messe einzig wegen ihrer Uniform verwehrt worden. Die Organisatoren der republica wiesen umgehend darauf hin, dass die Soldatin weder als Pressevertreterin akkreditiert war noch als Besucherin über ein Ticket für das Gelände verfügte. Dennoch blieb die Falschnachricht mehr als eine Woche lang unkorrigiert auf Facebook und erzeugte Unmut gegenüber der republica.
Nach Ansicht der Linke-Bundestagsabgeordneten Martina Renner zeigen die aktuellen Enthüllungen über Bohnert, dass »Skandale der Vergangenheit kein Zufall waren, sondern Folge einer rechten Social Media Strategie sind«. Die republica-Aktionen waren 2018 Thema einer Anfrage im Bundestag. Sanktionen für die Fakenews-Kampagne gab es aber lediglich vom zivilen Deutschen Rat für Public Relations. Unterstützer der Bohnert-Kampagne kamen seinerzeit auch aus dem Umfeld der FDP-Bundestagsfraktion.
Unterdessen kündigte das Verteidigungsministerium an, die Vorwürfe gegen Bohnert »umgehend und sorgfältig« zu prüfen. Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) verfolge eine »absolute Null-Toleranz-Linie, insbesondere, was rechte Tendenzen angeht«. Zugleich stellt das Ministerium die Position Bohnerts als unbedeutend dar. Laut Panorama war der Oberstleutnant für die Online-Kampagnen der Bundeswehr verantwortlich, die zur Nachwuchsgewinnung eingesetzt werden. Zudem habe er federführend an der Erstellung des Social-Media-Regelwerks der Streitkräfte mitgewirkt. Das Ministerium erklärte hingegen am Donnerstag via Twitter, bei Bohnert handele es sich um »einen Referenten ohne Leitungsfunktion«. Inzwischen sei er auch nicht mehr mit Onlinemedien betraut.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.