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Duterte auf dem Weg zum Diktator
Der philippinische Präsident plant eine Verfassungsänderung, die ihm eine zweite Amtszeit ermöglichen soll
Nicht, dass sich Rodrigo Duterte mit dem Ausrufen des Gesundheitsnotstands wegen des Coronavirus nicht schon genug autoritäre Machtbefugnisse zugesichert hätte. Der philippinische Präsident hat nun ein neues Ziel anvisiert: Mit einer Verfassungsänderung möchte er Restriktionen auf Amtszeiten von gewählten Amtsträgern aufheben. Dies würde Duterte theoretisch ermöglichen, sich 2022 erneut zur Wahl zu stellen, wenn seine einmalige sechsjährige Amtszeit verfassungsgemäß endet.
Vergangene Woche haben 1488 Gemeindebürgermeister eine Verfassungsänderung gefordert. Die Bürgermeister verlangen vor allem zwei Dinge: Zum einen wollen sie einen größeren Anteil an den nationalen Steuereinnahmen, wie es bereits in einem Urteil des Obersten Gerichtshofs im Jahr 2018 angemahnt wurde. Zum anderen fordern sie eine Lockerung der Beschränkungen für ausländische Investitionen. Viele von ihnen hoffen auch darauf, dass ihre Amtszeiten nicht mehr zeitlich beschränkt werden, um so ihre Posten zu behalten.
Duterte hatte sich zuvor bereits wiederholt für eine Umwandlung der philippinischen Regierungsform in ein föderales System ausgesprochen. Damit, so Duterte, sollen Manilas Macht und Befugnisse über Ressourcen gebrochen und Wohlstand in die vernachlässigten Randgebiete des Landes gebracht werden - einschließlich seiner Heimatinsel Mindanao. Wie seine Anhänger behauptet er, dass die Verfassung von 1987, die nach dem Sturz der Diktatur Ferdinand Marcos ausgearbeitet wurde, sich zu sehr darauf konzentrierte, den Aufstieg eines weiteren autoritären Führers zu verhindern. Lösungen für strukturelle Probleme der wirtschaftlichen Ungleichheit liefere sie nicht.
Opposition und zivilgesellschaftliche Gruppen befürchten jedoch, dass eine andere Absicht hinter einer Verfassungsänderung steht. Sie befürchten, dass so entweder die Wahlen im Jahr 2022 verzögert werden sollen oder die Amtszeitbeschränkung des Präsidenten ganz abgeschafft werden soll, so dass sich der 75-jährige Duterte 2022 wieder zur Wahl stellen kann. Um dem Gerichtsurteil von 2018 nachzukommen und die Staatseinahmen besser auf die Provinzen zu verteilen, bedürfe es keiner Verfassungsreform. Um die autokratischen Machtgewinne Dutertes festzuschreiben, allerdings sehr wohl.
Doch es ist nicht nur Duterte, der von einer Verfassungsänderung samt Amtszeitentschränkung profitieren würde. Die Politik in Philippinen ist geprägt von Dynastien, also Familien, deren Angehörige gleichzeitig Ämter in verschiedenen Bezirken innehaben. Mindestens 70 Prozent der Parlamentssitze werden von Angehörigen solcher Dynastien besetzt. Parlamentspräsident Alan Peter Cayetano, Dutertes ehemaliger Verbündeter und Spross einer der führenden politischen Familien der Philippinen, hofft auf eine Aufhebung der Amtszeitbeschränkungen für alle gewählten Amtsträger. Das solle, so Cayetano, den Anreiz zur Schaffung politischer Dynastien beseitigen, da den gewählten Amtsträgern so genügend Zeit gegeben wäre, langfristige Projekte zu planen und abzuschließen. Cayetano vertritt als Abgeordneter den 1. Bezirk von Taguig City, seine Frau Maria Laarni den 2. Bezirk, während sein Bruder Lino derzeit Bürgermeister der Stadt in der Metropolregion Manila ist. Seine Schwester Pia ist derzeit wieder Senatorin, nachdem sie als lokale Beamtin tätig war.
Zwar schreibt die philippinische Verfassung ein Verbot politischer Dynastien vor, die gleichzeitige oder aufeinanderfolgende Besetzung gewählter Ämter durch eng verwandte Personen. Der von Dynastien dominierte Kongress hat sich jedoch wiederholt geweigert, ein entsprechendes Gesetz zur Durchsetzung der Verfassungsbestimmung zu verabschieden. Kritiker verweisen darauf, dass politischen Dynastien stark mit der endemischen Korruption und Armut im Land einhergehen.
»Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Statuten geändert werden müssen, doch es kommt auf den Zeitpunkt an«, gibt Cayetano zu. Der Parlamentspräsident sieht diesen Zeitpunkt noch nicht gekommen, wie auch viele Filipinos, die sich in der Vergangenheit in Umfragen immer deutlich gegen eine Verfassungsreform ausgesprochen haben. Da die Erinnerung an die Marcos-Diktatur noch relativ frisch ist, sind viele Menschen besorgt, dass ein weiterer autoritärer Führer die Verfassungsänderung nutzen könnte, um seine Macht auf Kosten des Volkes aufrechtzuerhalten.
Duterte hat in seiner Rede zur Lage der Nation am Montag auch einen möglichen Nachfolger für ihn als Präsidenten ins Spiel gebracht: seinen langjährigen persönlichen Assistenten, der derzeitige Senator Christopher »Bong« Go, der unter anderem die Maßnahmen der Regierung während der Corona-Pandemie organisiert. Spekuliert wird auch, ob 2022 Dutertes Tochter Sara antritt, Bürgermeisterin von Davao City, dem Posten, mit dem Rodrigo Duterte seine politische Laufbahn begann. Doch Duterte ist berüchtigt für seine politischen Finten. Nicht auszuschließen, dass die Spekulationen um die beiden möglichen Kandidaten nur von der Verfassungsänderung ablenken sollen. Und Duterte dann doch selbst anritt.
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