Mangelnde Büroorganisation
Urteile im Überblick
Die unzureichende Büroorganisation des Arztes liege in der Risikosphäre der Krankenkasse, urteilte das Sozialgericht München in einer Entscheidung vom 17. Juni 2020 (Az. S 7 KR 1719/19). Schließlich bediene sie sich ausdrücklich dafür zugelassener Kassenärzte. »Wenn dieser Arzt nicht in der Lage ist, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unverzüglich nach Untersuchung auszustellen, muss die Krankenkasse sich diese Versäumnis zurechnen lassen.«
Im vorliegenden Fall ging es um einen Arbeitnehmer, der sich an einem Montag um eine erneute Krankschreibung bemüht hatte. Da in der Praxis an dem Tag eine Schreibkraft fehlte, habe er das Attest erst am folgenden Samstag erhalten. Der Patient übersandte die Bescheinigung daraufhin sofort an seine Kasse - allerdings zu spät, wie ihm beschieden wurde.
Für die Zeit zwischen der Untersuchung und dem Erhalt der Bescheinigung habe ihm die Kasse das Krankengeld verweigert, so das Sozialgericht, das daraufhin befand: »Einem Arbeitnehmer steht Krankengeld auch dann zu, wenn er das Attest für die fortdauernde Krankschreibung bei seiner Krankenkasse erst verspätet vorlegt, weil der untersuchende Arzt es ihm erst nachträglich zugeleitet hat.«
Diebstahl und Betrug mit Büromaterial
Wegen Diebstahls und Betrügereien mit Büromaterial muss eine frühere Sekretärin der Deutschen Bahn für drei Jahre in Haft.
Das Landgericht Frankfurt ging in dem am 6. Juli 2020 bekannt gewordenen Urteil (Az. 3370 Js 238972/16) von einem Gesamtschaden von 400 000 Euro aus, den die 38-Jährige über mehrere Jahre hinweg mit der Bestellung von Toner-Farbkartuschen auf dem Namen der Bahn angerichtet habe. Die Frau aus dem rheinland-pfälzischen Bingen hatte vor Gericht zugegeben, die Kartuschen für rund 300 000 Euro über die Internet-Plattform Ebay privat weiter veräußert zu haben.
Die Verteidigung hatte sich vor Gericht für eine Bewährungsstrafe eingesetzt. So sei die Angeklagte über Jahre hinweg an ihrer Arbeitsstelle »sexuell gemobbt« worden, was sie mit den Taten zu kompensieren versucht habe. Das Gericht sah sich aufgrund der hohen Schadenssumme und des langen Tatzeitraums jedoch nicht in der Lage, eine Strafe zu verhängen, die noch zur Bewährung hätte ausgesetzt werden können. Darüber hinaus habe die Frau vor ihrem Geständnis noch ihren Vorgesetzten der Taten bezichtigt. Dies müsse ebenfalls zu ihren Lasten angerechnet werden.
Heimarbeiter sozial-versicherungspflichtig
Heimarbeiter sind abhängig Beschäftigte und deshalb sind sie sozialversicherungspflichtig.
Das gelte auch dann, wenn ihre Tätigkeit eine höhere Qualifikation erfordere, entschied das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt in einem am 3. Juli 2020 veröffentlichten Urteil (Az. L 8 BA 36/19). Revision wurde nicht zugelassen.
Zugrunde lag der Fall eines Bauingenieurs und Programmierers, der von 1989 bis 1992 bei einem Baustatik-Softwarehaus angestellt war. Wegen seines Umzugs kündigte er und arbeitete fortan bis 2013 als freier Mitarbeiter im Homeoffice für die Firma. Als das Unternehmen aufgelöst werden sollte, wurden dem Programmierer keine weiteren Aufträge mehr gegeben. Dagegen klagte er vor dem Arbeitsgericht und vertrat die Ansicht, dass er als Heimarbeiter zu betrachten sei. Das sah auch das Bundesarbeitsgericht in letzter Instanz so.
Bereits Ende 2013 hatte der Mann zudem bei der Deutschen Rentenversicherung die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status beantragt. Die Rentenkasse stellte diesen auch fest.
Dagegen klagte wiederum die Software-Firma vor dem Sozialgericht. Das verneinte im Hinblick auf das bundesarbeitsgerichtliche Urteil ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Dass der Programmierer als Heimarbeiter tätig gewesen sei, begründe zudem keine Sozialversicherungspflicht. Hiergegen legte der Programmierer Berufung ein - und hatte damit in der zweiten Instanz Erfolg.
Krankenkasse muss bei Wiedereingliederung Fahrtkosten zahlen
Während einer stufenweisen Wiedereingliederung muss die Krankenkasse einem Arbeitnehmer auch dessen Kosten für die Fahrt zum Arbeitsplatz erstatten.
Das geht aus einem Urteil hervor, welches das Sozialgericht Dresden am 17. Juni 2020 (Az. S 18 KR 967/19) gefällt hat. Allerdings ist die Übernahme auf die Kosten beschränkt, die entstehen, wenn das preiswerteste, regelmäßig fahrende öffentliche Verkehrsmittel genutzt wird.
Das Urteil ist den Angaben des Sozialgerichts zufolge noch nicht rechtskräftig. Die Krankenkasse kann noch Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht in Chemnitz einlegen.
Im vorliegenden Fall hatte ein Mann die Erstattung von Fahrtkosten verlangt, die ihm während einer Wiedereingliederung entstanden waren. Dabei ging es um 85 Euro, die er aufgebracht hatte, als er an zehn Tagen von seinem Wohnort in Coswig zu seinem Arbeitgeber in Dresden gefahren war. Das Gericht verpflichtete die Krankenkasse dazu, diese Fahrtkosten in voller Höhe zu zahlen.
Mit der stufenweisen Wiedereingliederung bekommen langzeiterkrankte Arbeitnehmer die Möglichkeit, ihre Belastungsfähigkeit am konkreten bisherigen Arbeitsplatz stundenweise zu steigern, um endgültig wieder gesund und arbeitsfähig zu werden.
Je nachdem, ob die Maßnahme im Zusammenhang mit einer stationären Rehabilitation steht, erhalten Arbeitnehmer in dieser Zeit Krankengeld durch die Krankenkasse oder Übergangsgeld durch die Rentenversicherung.
Daneben sind aber auch die Fahrtkosten zum Arbeitsort zu erstatten, wie das Sozialgericht in Dresden nunmehr feststellte. Die dortigen Richter vertraten die Auffassung, dass die stufenweise Wiedereingliederung eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation sei, auch wenn es nicht zum Beispiel um den Aufenthalt in einer medizinischen Rehabilitationseinrichtung gehe, sondern um Tätigkeiten beim Arbeitgeber. Agenturen/nd
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