Sorge um die Versammlungsfreiheit

Linke: Neben Coronaleugnern wären auch Klimaaktivisten von schärferen Regeln betroffen

Nachdem Tausende Coronaleugner am Samstag in Berlin gegen die derzeit geltenden Schutzmaßnahmen demonstriert haben, ist eine Debatte um das Demonstrationsrecht entbrannt. Armin Schuster, Innenpolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, forderte in der »Rheinischen Post«, solche Versammlungen nur noch »unter sehr viel strengeren Auflagen oder gar nicht mehr zu genehmigen«. Die Demonstrationen seien eine Gefahr für die Allgemeinheit.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht von der SPD sagte der »Süddeutschen Zeitung«, ihr fehle »jedes Verständnis« für Demonstranten, die sich »selbstherrlich« über die Coronaregeln hinwegsetzten.

Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer nannte das Verhalten der Demonstranten »inakzeptabel« und kritisierte, diese nutzten das »hohe Gut der Demonstrationsfreiheit aus«.

Der Deutsche Städtetag forderte Bußgelder für Demonstranten, die Regelverstöße begehen und ein Nachdenken darüber, wie eine Wiederholung von ähnlichen Demonstrationen unterbunden werden könne. Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Städtetags, sorgte sich gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, dass sich aus solchen Demonstrationen »neue Corona-Hotspots« entwickeln könnten. Es sei »unverantwortlich, auf so engem Raum die Regeln und Auflagen nicht einzuhalten«.

Der Linke-Bundestagsabgeordnete Niema Movassat sieht eine andere Gefahr. »Schon immer war der CDU/CSU die Versammlungsfreiheit ein Dorn im Auge«, erklärte er gegenüber »nd«. Die Demonstration von Coronaleugnern nun zum Anlass für eine entsprechende Debatte zu nehmen, sei »ein billiger taktischer Schachzug«, um »für Millionen Menschen die Versammlungsfreiheit einzuschränken«. Solche Überlegungen träfen »nicht nur die Coronaleugner, sondern die Demonstranten von Fridays for Future, Ende Gelände, Streikende und viele mehr«. Unverständlich sei, warum die Berliner Polizei am Samstag nicht geltendes Recht umgesetzt und die Versammlungen »unverzüglich« aufgelöst habe. Das wäre der richtige Weg gewesen, statt jetzt eine generelle Debatte über das Versammlungsrecht zu führen, so Movassat.

Das Bündnis aus Verschwörungstheoretikern, Neonazis, Esoterikern und anderen Gegnern der staatlichen Maßnahmen hatte schon im Vorfeld ihrer Berliner Demonstration gegen grundlegende Regeln zur Eindämmung der Pandemie aufgerufen. Es war dann also nicht wirklich verwunderlich, was sich am Samstag abspielte. So wurden Umarmungen ausgetauscht. Wer sich mit Maske am Rand der Demonstration aufhielt, war Pöbeleien ausgesetzt. Die Berliner Polizei löste die Versammlungen der Coronaleugner nach Regelverstößen zwar formell auf, wurde allerdings nicht weiter tätig, sodass sich die Teilnehmer bis in die Abendstunden auf der Straße des 17. Juni versammeln konnten.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.