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Am Rand der Diktatur
Wie der philippinische Präsident Duterte Journalisten abstraft
Manila. Ihre Unerschrockenheit und ihr investigatives Gespür haben sie prominent gemacht: Maria Ressa und ihr Nachrichtenportal »Rappler« decken Machtmissbrauch, Korruption und staatliche Gewalt auf den Philippinen auf. Die frühere CNN-Journalistin gilt als eine der schärfsten Kritikerinnen von Präsident Rodrigo Duterte. Etliche Gerichtsverfahren wurden gegen sie angestrengt. Mitte Juni wurden sie und ihr früherer Kollege Reynaldo Santos der »Verleumdung im Internet« schuldig gesprochen. Beiden drohen bis zu sechs Jahre Haft. Solange nicht über ihren Antrag auf Berufung entschieden wird, bleiben sie aber auf freiem Fuß.
Die »Rappler«-Chefredakteurin gibt sich weiter kämpferisch: »Ich appelliere an euch, die Journalisten in diesem Raum, und die Philippiner, die zuhören, eure Rechte zu schützen«, sagte die 56-Jährige nach dem Urteil. Ein weiterer Prozess wegen angeblicher Steuerhinterziehung gegen Ressa und »Rappler« begann am 22. Juli. Die Journalistin plädierte auf nicht schuldig.
»Rappler« berichtet unter anderem kritisch über den blutigen »Anti-Drogen-Krieg«, den Duterte nach seinem Amtsantritt Mitte 2016 initiiert hatte. Menschenrechtler schätzen, dass dabei bis zu 30.000 Menschen ermordet wurden. Duterte beschimpfte Ressa als »Betrügerin« und drohte »Rappler« dicht zu machen, indem er behauptete, das Nachrichtenportal befinde sich »vollständig im Besitz von Amerikanern«.
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Unter dem Hashtag »#HoldTheLine« haben Journalistenverbände, Bürgerrechtsorganisationen und Schriftsteller eine Kampagne für Ressa und kritische Medien auf den Philippinen gestartet. Denn »Rappler« ist nicht das einzige Medium, das die Wut des Präsidenten zu spüren bekommt. Ende Dezember 2019 hatte Duterte dem größten TV- und Radionetzwerk ABS-CBN mit mehr als 11.000 Beschäftigten offen gedroht, die Lizenz nicht zu verlängern. Den Eigentümern riet er: »Ich an eurer Stelle würde verkaufen.«
Ein Ausschuss des Parlaments entschied dann am 10. Juli, ABS-CBN keine neue Lizenz für weitere 25 Jahre auszustellen. Dadurch verlieren Millionen Philippiner eine wichtige Informationsquelle - inmitten der Covid-19-Pandemie. Das Votum sei ein frappierendes Zeichen für die Unterwürfigkeit von Abgeordneten, die vor Duterte katzbuckelten, kritisierte der Vize-Asienchef von Human Rights Watch, Phil Robertson.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit von »Reporter ohne Grenzen« belegen die Philippinen Platz 136 von 180 Ländern. Schon lange gilt das Inselreich als eines der gefährlichsten Länder für Journalisten. Seit dem Sturz des Diktators Ferdinand Marcos 1986 wurden laut Nationaler Journalisten-Gewerkschaft (NUJP) 188 Reporter ermordet. Nur äußerst selten werden die Täter ermittelt. Erst Anfang Mai war der investigative Radioreporter Cornelio »Rex« Pepino erschossen worden - der 16. ermordete Journalist seit Dutertes Amtsantritt.
Große Sorgen bereitet Kritikern zudem das neue »Anti-Terror-Gesetz«. Damit können Menschen bis zu 24 Tage ohne Anklage inhaftiert werden. Der »Terrorismus«-Begriff ist derart vage gefasst, dass schon geringe Vergehen als terroristische Handlungen eingestuft werden können. Die Journalisten-Gewerkschaft NUJP wertet das Gesetz als »weiteren Rückschlag für die bereits sterbende Demokratie« - einer Zeitbombe gleich.
Das Gesetz birgt auch ernste Gefahren für den Journalismus: Reporter, die ihren Job wahrheitsgetreu ausübten, müssten auch Informationen von jenen einholen, die im Verdacht stünden, terroristischen Gruppen anzugehören, sagte der Journalistik-Professor Danilo Arao dem Nachrichtenportal »Inquirer.Net«. Das könne als Propaganda für mutmaßliche Terroristen aufgefasst werden - mit der Folge, dass Journalisten zu Freiwild erklärt oder strafrechtlich verfolgt würden. epd/nd
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