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Autokorrektur: Vom Hambi zum Danni
Klimaaktivist Tadzio Müller über den Protest gegen einen Autobahnbau in Hessen
Sehr geehrte bundesdeutsche Öffentlichkeit, darf ich vorstellen: der Dannenröder Wald, zunehmend bekannt unter seinem neuen Kosenamen: der Danni. Vielleicht sagt ihr euch jetzt: »Das erinnert mich irgendwie an den Hambacher Forst, den Hambi.« Und damit läget ihr gar nicht falsch, denn zweierlei vereint diese beiden Wälder - eines trennt sie aber auch.
Erstens handelt es sich um ökologisch intakte, gar wertvolle Wälder, die dem Raubbaukapitalismus zum Opfern fallen soll(t)en): Der Hambi am Rand des Tagebaus Hambach in Nordrhein-Westfalen weist eine große Artenvielfalt auf, während der Danni seit den 1980er Jahren als Vorzeigebeispiel für nachhaltige Forstwirtschaft gilt. Der östlich von Marburg in Hessen liegende Wald soll dem automobilen Verbrennerkapitalismus weichen, der in Zeiten von Klimakrise, postfossiler Verkehrswende und »Fridays For Future« längst nicht mehr zeitgemäßen (und von den hessischen Grünen mitverantwortete) Autobahn A49, die Kassel und Gießen verbinden soll.
Zweitens sind, genau deswegen, beide Wälder »besetzt«: der Hambi seit 2012, der Danni seit dem 1. Oktober des vergangenen Jahres. Die Aktivist*innen setzen sich für die Rettung beider Wälder ein. Wie so eine Waldbesetzung im Detail abläuft, hat Sebastian Weiermann zuerst fürs »nd« und später für die Rosa-Luxemburg-Stiftung aufgeschrieben (dasND.de/hambi). Aber im Kern geht es darum, durch das »Besetzen« von Bäumen, durch das Bauen und permanente Bewohnen von Baumhäusern die Rodung unmöglich zu machen - eine Taktik übrigens, die in den 1990er Jahren in Großbritannien beim Kampf gegen ein großes Autobahnprojekt Margaret Thatchers bekannt gemacht wurde und seitdem immer wieder große Effektivität bewiesen hat.
Während die Aktivist*innen, die den Hambi immer noch besetzt halten - man weiß ja nie genau, welche Sauereien sich RWE, die NRW-Landesregierung und allen voran Innenminister Herbert Reul (CDU) noch einfallen lassen -, vor allem aus der Antikohle- und Klimagerechtigkeitsbewegung kamen, ist die thematische Bandbreite im Danni etwas größer. Manchen geht es ebenfalls um Klimagerechtigkeit, darum, dass es ziemlich durchgeknallt erscheint, mitten in der eskalierenden Klimakrise, inmitten von (kurzer) Hitzewelle und (langer) Dürreperiode einen ökologisch intakten Wald für eine weitere Autobahn zu roden.
Manche besetzen den Wald aus einem im Grunde anarchistischen Politikverständnis heraus, da sie (angesichts kürzlicher Entscheidungen des politischen Systems wie dem Kohlegesetz nicht ganz unverständlich) der Meinung sind, dass Gutes nur von unten kommt, dass weder Unternehmen noch Regierungen in den letzten Jahren, gar Jahrzehnten gezeigt haben, dass sie zu sozial-ökologischer Politik fähig sind.
Und wieder anderen geht es vorrangig darum, die gesellschaftliche Dominanz des Verbrennerautos, die Autogesellschaft, zurückzudrängen und - wie vergangenes Jahr das Bündnis »Sand im Getriebe« mit seiner Massenblockade der Internationalen Autoausstellung in Frankfurt am Main, der Protz- und Prunkmesse der deutschen Autoindustrie - zu zeigen, dass der Widerstand wächst, dass der Kampf für die Autokorrektur längst begonnen hat.
Ich wünsche den Aktivist*innen im Danni alles Gute, viel Durchhaltevermögen und viel Erfolg und werde selbst im Herbst dort sein, um sie zu unterstützen. Was mich zum letzten Punkt bringt: Im Gegensatz zum Hambi, der zwar noch nicht ganz »gerettet«, aber zumindest vor einer Rodung durch »NRWE« kraft seiner symbolischen Aufladung und seines großen Bekanntheitsgrades gut geschützt ist, ist der Danni noch lange nicht gerettet. Um dazu beizutragen, ist es wichtig, die Genoss*innen dort zu unterstützen, entweder praktisch (sie freuen sich über weitere Besetzer*innen) oder symbolisch: Verbreitet die Story des Danni, setzt euch damit auseinander, lernt über den Wald! Helft den Aktivist*innen dort, dafür zu sorgen, dass der Danni bald so bekannt wird, wie es der Hambacher Forst 2018 wurde. Dann klappt es auch mit der Rettung.
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