Mitten im futuristischen Kult

Fortschritt, Gentrifizierung, Profit: Die Science-Fiction-Serie »Devs« zeigt mörderische Seiten der Tech-Industrie in San Francisco

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 3 Min.

Der britische Regisseur Alex Garland, der eigentlich mal als Schriftsteller angefangen hat und aus dessen Feder unter anderem die Romanvorlage für den Kultfilm »Der Strand« mit Leonardo Di Caprio stammt, wird seit ein paar Jahren als Filmemacher hoch gehandelt. Dabei umfasst seine Filmographie gerade mal zwei Streifen: »Ex Machina« (2015) und »Auslöschung« (2018). Beide wurden von der Kritik zurecht als außergewöhnliche Science-Fiction-Filme über den Klee gelobt. Mit »Devs« legt der 1970 geborene Garland nun eine achtteilige Miniserie vor, die wie schon seine beiden Filme, den sonst so actionlastigen und waffenstarrenden Science-Fiction-Mainstream ziemlich öde aussehen lässt. Garlands kammerspielartige Autorenfilme mit Millionenbudget leben von langen Kameraeinstellungen, fast einsilbig wirkenden, in die Länge gezogenen Dialogen und handeln stets von philosophischen Fragestellungen. Wobei es ihm gelingt, das spannend und mitreißend in Szene zu setzen.

In seiner Serie »Devs« geht es nun um Reisen durch die Zeit per Bildschirm mit Hilfe eines Quantencomputers und um die Frage, wie vorherbestimmt unser Handeln eigentlich ist. Derartige Fragestellungen rund um das Thema Determinismus werden in der Science Fiction derzeit gerne verhandelt, etwa auch in der Netflixserie »Dark« oder in William Gibsons im September auf Deutsch erscheinenden neuen Roman »Agency«.

»Devs« ist aber auch und vor allem ein spannender Thriller, der in der kalifornischen Tech-Industrie angesiedelt ist. Im Zentrum steht ein in der Firma Amaya arbeitendes Hipster-Pärchen in San Francisco, mit coolem Apartment, vor dessen Tür ein endlos vor sich hin monologisierender Obdachloser lebt. Sergei wird in die Titel gebende Entwicklungsabteilung »Devs« (Abk. für Developments) befördert, ein im Wald abgelegenes Superlabor mit dem neuesten Quantencomputer, das wie ein golden glänzender Faradayscher Käfig aussieht, in dem die geheimnisvolle digitale Technologie von morgen entwickelt wird. Nur betreibt Sergei Industriespionage, wird erwischt und vom Sicherheitschef der Firma unter den Augen des Eigentümers von Amaya, einem langhaarigen Tech-Guru, kaltblütig ermordet.

Als die Firma versucht, das zu vertuschen, tritt Sergeis Geliebte Lily auf den Plan, die sich zusammen mit ihren Ex-Freund, ebenfalls ein Nerd, mit der Firma anlegt. Wieso musste Sergei sterben? Was geschieht in der geheimnisvollen Abteilung Devs? Finden dort Zeitreisen statt? Oder wird in dem Superlabor, einem futuristischen High-Tech-Kultschrein, gleich eine ganz neue Technologie entworfen, die alles Bisherige über den Haufen wirft? Aber bevor irgendwelche Fragen beantwortet werden, muss Lily plötzlich selbst um ihr Leben fürchten. Denn die Firma Amaya lässt nicht mit sich spielen.

»Devs« ist eine gekonnte Mischung aus Science Fiction und Krimi, wobei in der Serie auch gleich das ganze kalifornische Tech-Milieu und San Francisco mit kritisch inszeniert werden. Das reicht vom hippiesken bärtigen Unternehmer Forrest, der als Guru die Firma leitet und den Tod von Ehefrau und Tochter verkraften muss, über die Hipster Lily und Sergei, die fleißig an ihrer Karriere schrauben und vom firmeneigenen Bus in die campusartige Anlage des Tech-Unternehmens gebracht werden bis hin zu einer Bay Area, die nicht wie sonst als Postkarten-Metropole inszeniert wird, sondern als geheimnisvolle urbane Zone, die hin und wieder auch in nordkalifornischen Nebelbänken versinkt.

Dass hinter der freundlichen, kreativen Fassade der Tech-Industrie eine mörderische Gewalt lauert, die all ihre finanziell und technologisch so bedeutsamen Geheimnisse hütet, sollte nicht als platte Kritik an Bill Gates und Co. missverstanden werden. Regisseur Alex Garland inszeniert in seinen Filmen technologischen Wandel als soziales und politisches Spannungsverhältnis, in dem gesellschaftliche Umwälzungen auch immer mit privatwirtschaftlichen Interessen einhergehen, um die gerungen und gekämpft wird. Das tun auch die Figuren in seiner Serie »Devs«, die zum Besten gehört, was es in diesem Jahr an Science Fiction zu sehen gibt.

»Devs« - ab 19. August auf Fox bei Sky.

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