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Dornige Lockdown-Chancen
Andreas Koristka sortiert wichtige Erfahrungen aus der ersten Coronaphase
Es war ein furchtbar langweiliger Sommer. Doch endlich steigen die Infektionszahlen wieder und langsam stellt sich die Frage, ob es einen weiteren Lockdown geben wird. Damit dieser zum persönlichen Erfolg wird, sollte man sich Gedanken machen, wie er ablaufen könnte, und dabei wirtschaftliche Zusammenhänge in den Fokus nehmen.
Eines vorweg: Es wäre unangemessen. Leuten, denen es im Zuge künftiger Entwicklungen an Klopapier mangeln sollte, mit Mitleid zu begegnen. Jedem, der nach diesem Frühjahr nicht genügend Klopapier-Reserven sein Eigen nennt, hat entweder kein Verantwortungsbewusstsein oder einen dermaßen hochfrequenten Stuhlgang, dass er die offene Phase der Pandemie für einen Arztbesuch hätte verwenden müssen.
Aber gehupft wie abgespült: Letztlich wird der Klopapierlose der Grille gleichen, die den ganzen Sommer nur auf dem Wasserklosett saß, sich amüsierte und keinen Gedanken auf die Zukunft verschwendete. Er wird also kein bedauernswertes Opfer unvorhersehbarer Entwicklungen sein, sondern ein ganz normaler Marktakteur mit schmutzigem Po. Im Gegensatz zu jenen klugen Menschen, die bereits jetzt Toilettenpapier in ihr Portfolio aufnehmen, um es in den nächsten sechs harten Monaten gewinnbringend wieder zu veräußern, wird er wirtschaftliche Einbußen hinnehmen müssen.
Doch nicht für jede Branche wird es so rosettig aussehen wie für den Schwarzhandel im Bereich der Hygieneartikel. Für den Tourismus wäre eine neuerliche Verschärfung der Coronamaßnahmen verheerend. Die geplanten All-inclusive-Angebote in der Lüneburger Heide und der Magdeburger Börde werden die Einbußen aus dem Mittelmeergeschäft nicht zur Gänze auffangen können. Schlimmer noch: Sollte es im Herbst schärfere Ausgangsbestimmungen geben als im Frühling, wird dieses Behelfsgeschäft völlig ins Leere laufen. Zumindest die Unternehmen, die bislang Kaffeefahrten organisierten, könnten jedoch Triage-Reisen für Rentner anbieten, bei denen niemand in Frieden sterben gelassen wird, bevor er nicht die beheizte Kamelhaardecke zum Sonderpreis erstanden hat. Für Busfahrer gibt es also vorerst keinen Grund, überhastet den Beruf zu wechseln.
Für Künstler sieht das schon etwas anders aus. Aufwändige Wirtschaftsstudien haben bewiesen, dass Balkonmusik und kostenlose Livestreams weit weniger lukrativ waren,als gemeinhin angenommen. Musiker sollten also jetzt ihre ganze Kraft darauf verwenden, den Soundtrack zur zweiten Welle zu entwickeln, wie es damals Enigma mit »Only Time« beim 11. September taten.
Ganz wichtiger Bestandteil des zweiten Lockdowns: Selbstoptimierung! Sie haben durch die Yoga-Online-Kurse im April soviel Selbstdisziplin, dass Sie auch schwerwiegende Projekte angehen können. Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt um die Steuererklärung 2015 zu machen, Spanisch zu lernen und die Popelsammlung unter der Couch zu vervollständigen. So gewinnt man Selbstvertrauen und erkämpft sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt.
Wissenschaftler gehen übrigens davon aus, dass ein neuerlicher Lockdown zu einem Boom des Stand-up-Paddlings führen wird. Warum dieser und Covid-19 einander bedingen, ist noch nicht gänzlich erforscht. Fest steht aber, dass Stand-up-Paddling eine Corona-Begleiterscheinung ist und genauso ernst genommen werden muss wie plötzlicher Geschmacksverlust und multiples Organversagen. Es ist also davon auszugehen, dass die Preise für SUP-Ausrüstung weiter steigen. Darum schlagen Sie jetzt zu! Ein Einsteigerbrett bekommt man schon für 250 Euro und die Aufgabe jeglicher Selbstachtung.
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