Eine Diskriminierung älterer Autofahrer

Rund um die Kfz-Versicherungen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Jeder Fahrzeughalter muss eine Kfz-Haftpflichtversicherung haben. So weit, so bekannt. Laut Gesetz müssen Personenschäden lediglich bis mindestens 7,5 Millionen Euro gedeckt sein, Sachschäden bis 1,12 Millionen Euro und Vermögensschäden bis 50 000 Euro. Doch die meisten Versicherer bieten bereits in ihrem Grundtarif eine deutlich höhere Schadenssumme an, von pauschal 50 oder 100 Millionen Euro. »Bei anderen zahlen Versicherte für die Police mit solchen höheren Deckungssummen einen geringen Aufschlag«, hat das Verbraucherportal »Finanztip« festgestellt.

Der eigene Wagen ist durch die Kfz-Haftpflichtversicherung übrigens nicht geschützt. Darum empfiehlt es sich vor allem bei neueren Autos, zusätzlich eine Kaskoversicherung abzuschließen. Das gilt erst recht für die populären Leasing-Verträge - vier von zehn Neuwagen werden in Deutschland geleast. Im Regelfall ist ein Kasko-Tarif dann sogar Pflicht. Zur Wahl stehen dabei Teilkasko- und Vollkaskotarife.

Aber was immer Sie wählen, der Vertrag kostet Geld. Und bei der Tarifierung spielt ihr Alter eine ganz besondere Rolle. Seit einigen Jahren ist es gängige Praxis, vor allem Pkw-Tarife nach dem Alter der Versicherungsnehmer, teilweise auch der weiteren Fahrer, zu staffeln. So sind etwa in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und in der Fahrzeugvollversicherung für jüngere Fahrer und ältere Versicherungsnehmer Zuschläge vorgesehen. Dagegen sinken in der Fahrzeugteilversicherung (»Teilkasko«) die Prämien häufig mit zunehmendem Alter. Werden also Alte und Junge diskriminiert?

»Unisex«-Tarife sind seit 2012 Pflicht

Seit Dezember 2012 dürfen in der EU keine Versicherungen mehr verkauft werden, bei denen Männer und Frauen wegen ihres Geschlechts unterschiedliche Preise zahlen müssen. »Unisex«-Tarife sind seither Pflicht.

Eine moderne Versicherung unterscheide nicht zwischen Männern und Frauen, sagte damals die britische EU-Kommissarin für Justiz, Viviane Reding, sondern behandele alle Kunden gleich. Frauen mussten fortan beispielsweise bei Lebensversicherungen weniger zahlen, bei anderen Verträgen aber mehr. Beim Auto tragen Frauen nun das Risiko der Männer mit, die im Durchschnitt häufiger Unfälle bauen.

Trotzdem dürfen Versicherer seit der Liberalisierung und Deregulierung des europäischen Versicherungsmarktes in den 1990er Jahren bei anderen Merkmalen als das Geschlecht unterschiedlich kalkulieren. Die Bundesfinanzaufsicht Bafin hat überprüft, ob der Eindruck von älteren Versicherungsnehmern und Autofahrern stimmt, dass sie im Verhältnis zu anderen Altersgruppen zu Unrecht höhere Prämien zahlen müssten.

Die im Juni 2020 veröffentlichte, marktbreit angelegte Untersuchung der in Deutschland tätigen Kraftfahrtversicherer kommt zu dem beruhigenden Ergebnis, dass die altersabhängige Tarifierung in der Autoversicherung »auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht« - also rechtens ist. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) erlaubt es Versicherern, Kunden unterschiedliche Tarife anzubieten, wenn eine »versicherungsmathematisch ermittelte Risikobewertung« entsprechende Unterschiede ergibt, etwa bei der Häufigkeit von Unfällen (AGG § 20 Absatz 2 Satz 2).

Bei einer altersabhängigen Tarifierung müssen die Versicherungsunternehmen zwingend diese Vorgaben beachten. Eine unterschiedliche Behandlung aufgrund des Alters ist daher nur zulässig, so Bafin, wenn diese auf »anerkannten Prinzipien« in der Statistik beruht.

Alte scheinen von der Regelung sogar zu profitieren. Im Hinblick auf die Prämiensituation für ältere Fahrer stellte die Bafin fest, dass selbst ältere Versicherungsnehmer »bis unter 79 Jahren« eine niedrigere durchschnittliche Prämie zahlen als etwa die 27- bis 41-jährigen Versicherungsnehmer.

Das ist auch insofern erstaunlich, als die Bafin gleichzeitig bemerkte, dass bei eher gleichbleibendem Schadendurchschnitt die Häufigkeit von Schäden bei älteren Personen steigt. Versicherer könnten also einen entsprechenden Prämienzuschlag kassieren. Die Bafin führt die relativ niedrigen Preise für Ältere auf andere Tarifmerkmale zurück: So haben ältere Fahrer oft eine höhere Schadenfreiheitsklasse als Junge und fahren weniger Kilometer pro Jahr.

Die Kündigung bleibt immer

Es gibt also Spielraum für die Versicherer und für die Versicherten. Vor diesem Hintergrund kann sich ein Wechsel der Kfz-Versicherung auszahlen. Meist läuft der Vertrag zum Ende eines Kalenderjahres aus.

Ist dies bei Ihnen der Fall, so können Sie ihre Autoversicherung zu diesem Datum kündigen und zu einer anderen Gesellschaft wechseln. Der neue Versicherungsschutz beginnt nahtlos am 1. Januar. Die Kündigungsfrist beträgt einen Monat, Stichtag ist daher der 30. November. Die Vertragslaufzeit kann vom Kalenderjahr abweichen. In diesen Fällen endet sie nach zwölf Monaten.

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