Sommer des Widerstands ist vorbei
CDU-Bezirksstadträtin treibt nun doch temporäre Radspur auf der Allee der Kosmonauten voran
»Von der Radfahrhölle zum Fahrradparadies« möchte das Netzwerk Fahrradfreundliches Marzahn-Hellersdorf den Bezirk verwandeln. Auf diesem langen Weg ist man nun ein klitzekleines Stückchen vorangekommen. Denn die Verkehrsstadträtin Nadja Zivkovic (CDU) hat bei der Senatsverwaltung für Verkehr und beim Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg um Amtshilfe bei der Einrichtung eines Pop-up-Fahrradwegs auf der Allee der Kosmonauten gebeten. »Es ist schon ein Fortschritt, dass sie nun die Blockadehaltung aufgegeben hat und nun nach Wegen sucht, diese Forderung umzusetzen«, sagt Pascal Grothe vom Netzwerk, das aus dem Fahrrad-Volksentscheid hervorgegangen ist, gegenüber »nd«.
Zivilgesellschaftlicher Druck wirkt
»Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass zivilgesellschaftlicher Druck ein Umdenken bei Bezirksämtern befördert und sogar die CDU sich beugt«, sagt Linke-Bezirksvorsitzender Kristian Ronneburg, der auch verkehrspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus ist. »Es wäre gut, wenn die Senatsverkehrsverwaltung die Amtshilfe zeitnah leisten würde.«
Bereits im April hatten die Bezirksgrünen das Thema eines temporären Fahrradwegs auf der Allee der Kosmonauten aufgebracht, vor allem wegen der Schulwegsicherheit zwischen S-Bahnhof Springpfuhl und dem Wilhelm-von-Siemens-Gymnasium sowie der Lomonossow-Grundschule. »Es ist wichtig, auch auf solchen Straßen endlich eine sichere Infrastruktur zu haben«, fordert Fahrrad-Lobbyist Pascal Grothe, der auch Mitglied der Grünen ist. »Denn die Nebenstraßen, auf die immer verwiesen wird, sind auch nicht sicher. Da brausen Autofahrer auch mal mit Tempo 50 durch die 30er-Zone und Radwege gibt es da auch nicht«, so Grothe.
CDU nun auch für temporäre Radwege
Im Mai 2020 hatte die Linksfraktion im Bezirk die Forderung nach dem temporären Radweg ebenfalls aufgenommen. »Im Stadtentwicklungsausschuss wurde in der vergangenen Woche der Antrag von SPD, Bündnis-Grünen und Linken behandelt, der die Einrichtung temporärer Radwege im Bezirk einfordert«, erklärt Linksfraktionschef Bjoern Tielebein. »Hatte die CDU bisher erklärt, sie würde dieses Ansinnen ablehnen, bestand nunmehr überraschend Einigkeit in der Unterstützung unserer Forderung. Der Antrag wurde beschlossen«, so Tielebein weiter. Er hoffe, »dass mit der verbalen radverkehrspolitischen Wende der Christdemokrat*innen, die im Bezirksamt für den Verkehr zuständig sind, nun praktische Schritte folgen werden«.
Ursprünglich war die Absicht des Netzwerks Fahrradfreundliches Marzahn-Hellersdorf, dass der Pop-up-Fahrradweg spätestens bis zum Ende der Sommerferien eingerichtet ist. »Wir haben jetzt den ganzen Sommer mit Diskussionen Zeit verloren«, beklagt Pascal Grothe. Er bestreite nicht, dass die knappe Personallage eine große Hürde sei. »Aber wenn es einen Willen gegeben hätte, dann hätte die Stadträtin auch selbst auf die Idee kommen können, jemanden um Hilfe zu bitten anstatt immer nur die Probleme zu sehen«, so Grothe.
Auf nd-Anfrage äußerten sich weder die Verkehrsverwaltung noch das Straßen- und Grünflächenamt Friedrichshain-Kreuzberg dazu, ob sie Marzahn-Hellersdorf unter die Arme greifen werden.
Radbahn U5 nimmt etwas Tempo auf
Lange still war es auch um das Projekt Radbahn U5. Der »Highway to Hellersdorf« soll nach den Vorstellungen der Radaktivisten im Bezirk entlang der oberirdischen U-Bahn-Strecke von Biesdorf-Süd bis nach Hönow führen. »Grundsätzlich können verkehrsplanerische Untersuchungen sowie auch Untersuchungen auf Machbarkeit für Radverbindungen durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz finanziert werden«, antwortete die Verwaltung bereits im Jahr 2018 auf eine Schriftliche Anfrage. Diese müsste jedoch durch den Bezirk ausgelöst werden. 2019 forderte die Bezirksverordnetenversammlung das Bezirksamt auf, eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben.
Ernsthaft tätig geworden ist Nadja Zivkovic erst jetzt. Dieser Tage hatte sie mit Infravelo, der von der Senatsverkehrsverwaltung gegründeten Radwegeplanungseinheit, ein Gespräch dazu, erklärt die Verkehrsstadträtin auf nd-Anfrage. »Eine Unterstützung wäre möglich«, berichtet sie. Idealerweise sollte die Idee Radbahn U5 an eine bestehende Untersuchung angebunden werden. Nun müssten sich wiederum Senatsverkehrsverwaltung und Infravelo abstimmen, dann könne der Untersuchungsauftrag auch direkt von der Senatsebene ausgelöst werden. »Dazu weiß ich in zwei Wochen mehr«, schreibt Zivkovic.
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