Werbung

Belarus geht gegen Koordinierungsrat der Opposition vor

Mit Marija Kolesnikowa ist erneut eine Person aus dem wichtigen Gremium der Protestbewegung von der Bildfläche verschwunden

  • Lesedauer: 3 Min.

Minsk. Litauens Außenminister Linas Linkevicius hat die Staatsführung in Minsk für das spurlose Verschwinden der belarussischen Oppositionsführerin Marija Kolesnikowa verantwortlich gemacht und deren sofortige Freilassung gefordert. »Die Entführung von M. Kolesnikowa in der Innenstadt von Minsk ist eine Schande«, schrieb Linkevicius auf Twitter. »Anstatt mit dem Volk von Belarus zu sprechen, versucht die scheidende Führung, einen nach dem anderen zynisch zu eliminieren.« Dies erinnere an stalinistische Methoden.

Kolesnikowa ist eine der wichtigsten Oppositionellen - sie wird seit Montag vermisst. Die Hintergründe ihres Verschwindens sind bislang unklar. Medienberichten zufolge könnte sie entführt worden sein. Die 38-Jährige gehört dem Koordinierungsrat der Demokratiebewegung an, der einen friedlichen Machtwechsel in der Ex-Sowjetrepublik anstrebt.

Kolesnikowa arbeitet für den Ex-Bankenchef Viktor Babariko, der für das Präsidentenamt kandidieren wollte. Sie ist auch im Präsidium des Koordinierungsrates, der einen friedlichen Machtwechsel anstrebt. Kolesnikowa hatte viele Jahre in Stuttgart gelebt und von dort aus Kulturprojekte gemanagt. Kolesnikowa trat immer wieder bei Protestaktionen auf und wurde dabei von den Demonstranten bejubelt. Bei der Großdemonstration am Sonntag marschierte sie in Minsk mit.

Einige Kollegen des Gremiums waren zuvor schon festgenommen worden, ausgereist oder zur Ausreise gezwungen worden. Unter ihnen ist die Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowaskaja. Sie war nach der Wahl ins benachbarte EU-Land Litauen geflüchtet.

Wirbel gab es zuletzt auch um das Ratsmitglied Pawel Latuschko. Der ehemalige Kulturminister und jetzige Oppositionelle, der vom autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko offen bedroht wurde, war zu Besuchen nach Polen und Litauen gereist. In einem Interview der Agentur BNS betonte Latuschko, er wolle kein politischer Auswanderer werden und nach Belarus zurückkehren. Dabei bestehe aber das Risiko, dass er bei seiner Rückkehr festgenommen werde, sagte er. Seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl am 9. August demonstrieren die Menschen in Belarus gegen den seit 26 Jahren autoritär regierenden Lukaschenko. Sie werfen der Regierung massiven Betrug bei der Wahl vor, die Lukaschenko nach offiziellen Angaben mit 80 Prozent der Stimmen gewonnen hatte. Dabei lassen sie sich auch von der Gewalt der Sicherheitskräfte nicht abschrecken.

Am Sonntag beteiligten sich trotz eines großen Sicherheitsaufgebots erneut mehr als 100.000 Menschen allein in der Hauptstadt Minsk an den Protesten. Aus zahlreichen weiteren Städten wurden ebenfalls Protestkundgebungen gemeldet.

Die Polizei nahm nach Angaben des Innenministeriums insgesamt 633 Demonstranten wegen Verstoßes gegen die Anordnungen bei Massenversammlungen fest, so viele wie noch nie seit Anfang August. 363 blieben demnach am Montag in Untersuchungshaft.

Trotz des wachsenden Drucks auch vonseiten der Europäischen Union weigert sich Lukaschenko, den Demonstranten entgegenzukommen. Er spricht von einer »Verschwörung« des Westens und setzt inzwischen ganz auf die Unterstützung Moskaus, um an der Macht zu bleiben. Agenturen/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.