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Nach Brand in Moria: Forderung nach Evakuierung und Aufnahme von Flüchtlingen

Der Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria hat viele Reaktionen ausgelöst. Die Forderung nach schneller Hilfe werden lauter.

  • Lesedauer: 6 Min.

Die Mission Lifeline, ein Verein für Seenotrettung, wies auf Twitter darauf hin, dass die griechische Polizei die Versorgung der Opfer der Katastrophe verhindere. NGOs, die Wasser und Nahrungsmittel bringen, würden nicht zu den Geflüchteten gelassen. Auch sollen sie beim Einkaufen in Supermärkten von der Polizei verhindert werden.

Viele Bundesländer wollen Flüchtlinge aufnehmen

Angesichts des verheerenden Brandes in Moria haben mehrere Bundesländer ihre Hilfe zugesagt. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) will bis zu 1000 Flüchtlinge aus Moria aufnehmen. »Hier ist schnelle humanitäre Hilfe erforderlich.« Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) richtete einen dringenden »Appell an die Bundesregierung und die Europäische Kommission, jetzt endlich die Grenzen für diese stark belasteten und verzweifelten Frauen, Männer und Kinder zu öffnen.« Sein Land habe schon länger eine Aufnahme von Migranten aus Moria angeboten - aus rechtlichen Gründen seien ihm aber bislang die Hände gebunden gewesen.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bekräftigte ebenfalls seine Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen. »Wie schon in der Vergangenheit ist Baden-Württemberg auch jetzt bereit, im Rahmen eines deutschen Hilfsprogramms Hilfe zu leisten und Verantwortung zu übernehmen«, sagte er der »Stuttgarter Zeitung« und den »Stuttgarter Nachrichten« (Donnerstag). Er würde begrüßen, wenn die Bundesregierung ihr Aufnahmekontingent weiter aufstocke, um möglichst vielen Menschen in den griechischen Flüchtlingslagern zu helfen.

Rheinland-Pfalz forderte die sofortige Aufnahme von 1000 Geflüchteten in Deutschland, 50 davon könnten nach dem Königsteiner Schlüssel in dem Bundesland untergebracht werden. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) forderte Seehofer auf, den Weg zur Aufnahme von mehr Flüchtlingen frei zu machen. Auch Thüringen hatte schon vor Monaten die Aufnahme von rund 500 Geflüchteten beschlossen, scheiterte aber am Widerstand des Bundes.

Die Brandenburger Landesregierung lässt ein Hilfsprogramm für die Geflüchteten offen. »Bei solch einem Vorfall ist zunächst einmal Griechenland verantwortlich«, sagte Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Mittwoch im Landtags-Innenausschuss in Potsdam. Er verwies auf die im August angekündigte Aufnahme von 44 kranken Kindern und Angehörigen von den griechischen Inseln. Dieser Prozess ziehe sich möglicherweise noch in den Oktober hinein. »Das setzen wir um.«

Der Berliner Senat hat seine Bereitschaft unterstrichen, 300 Betroffene im Rahmen eines Landesprogramms rasch aufzunehmen. »Hierfür gibt es die personellen und organisatorischen Kapazitäten in unserer Stadt. Dazu stehen wir nach wie vor«, erklärte Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Mittwoch. Bislang habe Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) seine Zustimmung für eine solches Landesprogramm leider verweigert, nun sei er umso mehr in der Pflicht.

Für den Parteivorsitzenden der Linken, Bernd Riexinger, ist die Tragödie in Moria ein »Zeichen der Schande der EU« und brenne direkt vor dem deutschen Innenministerium. Er erinnerte auf Twitter, dass beispielsweise Berlin und Thüringen ihre Aufnahme von Geflüchteten bereits erklärt haben, aber Seehofer blockiere.

Auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf, seine Blockade zu beenden. 13.000 Menschen bräuchten jetzt schnelle Hilfe von ganz Europa. Alle Verantwortlichen in Bund und Ländern seien jetzt in der Pflicht, schrieb Klingbeil. Doch noch im Frühling hatte der Generalsekretär und Bundestagsabgeordnete selbst gegen einen Antrag zur Aufnahme 5.000 besonders schutzbedürftiger Menschen gestimmt. Insgesamt 134 SPD-Abgeordnete votierten am 4. März gegen den Antrag der Grünen-Fraktion im Bundestag, darunter auch Bundesaußenminister Heiko Maas und SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken. Nur zwei Sozialdemokraten hatten für ein humanitäres Aufnahmeprogramm für besonders schutzbedürftige Asylsuchende aus Griechenland gestimmt, ein Abgeordneter enthielt sich.

Hilfsorganisationen verlangen Sicherheit für Flüchtlinge

"Wir haben Platz"-Kundgebungen in Solidarität mit den Geflüchteten aus Moria am 9. September 2020

Der Verein Sea-Watch, die zivile Seenotrettung, mahnte nach dem Brand im völlig überfüllten Flüchtlingslager Moria, dass das Camp kein sicherer Ort sei und forderte, die Menschen endlich in Sicherheit zu bringen. Die Seebrücke appellierte an die Bundesregierung: »Jeder und jede, die in der Groko noch ein Gewissen hat, muss sich jetzt ohne Kompromiss für die Evakuierung einsetzen. Jede Landesregierung, die aufnehmen will, muss jetzt Druck machen. Es sterben Menschen, weil Seehofer es so will. Das dürft ihr nicht zulassen!«

Erst am 7. September hatten Aktivisten von Sea-Watch und der Seebrücke 13.000 Stühle für die rund 13.000 Menschen in dem Lager vor dem Reichstagsgebäude aufgestellt und hatten zur Evakuierung aufgerufen.

Ähnlich äußerte sich die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl. »Es ist erbärmlich, dass die Bundesregierung nur 928 Schutzsuchende aufnehmen will. Für Tausende gibt es keine Lösung, obwohl Deutschland und andere EU-Staaten sie locker aufnehmen könnten«, sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt. In dem Lager seien Tausende Menschen »psychisch zermürbt« worden. Die Katastrophe von Moria sei eine Folge der skandalösen und menschenverachtenden deutschen und europäischen Politik, so Burkhardt.

Deutsche Politiker fordern Soforthilfe

Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, FDP-Politikerin Gyde Jensen, forderte sofortige Hilfe. »Die EU-Innenminister müssen dafür jetzt eine praktikable Lösung finden, um den Tausenden Menschen in Moria zu helfen, die dort das letzte Dach über dem Kopf verloren haben« sagte die Abgeordnete am Mittwoch. Nun sei Nothilfe gefragt, auch wenn die von Seehofer angestrebte EU-Lösung zur Aufnahme von Flüchtlingen weiter auf sich warten lasse. »Wir können Moria nicht so lange ignorieren, bis die endlosen Verhandlungen um den gemeinsamen Asylmechanismus abgeschlossen sind«, erklärte Jensen.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte in Hannover, das vollkommen überfüllte Lager sei das Symbol für das Versagen europäischer Flüchtlingspolitik. »Sie hat die Menschen vor Ort quasi zu Gefangenen gemacht. Mitten in der EU - in unmenschlichen Zuständen«, kritisierte Pistorius. Er forderte die Bundesregierung und die europäischen Staaten auf, das Lager aufzulösen und die Menschen über die Europäische Union zu verteilen.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock hielt der Bundesregierung vor, Hilfe auszubremsen, wo sie nur könne. Bisher seien Bundesländer, die mehr Menschen aufnehmen wollen, bei Innenminister Horst Seehofer (CSU) »gegen die Wand gelaufen«. Es gebe Kapazitäten und eine überaus große Bereitschaft von Ländern und Kommunen zu helfen, so die Politikerin.

Auf EU-Ebene kündigte Innenkommissarin Ylva Johansson an, den sofortigen Transfer von 400 unbegleiteten Minderjährigen aufs Festland und die Unterbringung dort zu finanzieren. »Die Sicherheit und ein Obdach für alle Leute in Moria ist die Priorität«, erklärte Johansson am Mittwochmorgen. Sie sei in Kontakt mit dem griechischen Minister und den lokalen Behörden, schrieb die Schwedin am Mittwoch auf Twitter. Das EU-Asylbüro EASO twitterte, es evaluiere zusammen mit den Griechen die Situation. Agenturen/nd

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