Schandfleck der EU-Politik

Für Christian Klemm wäre der Brand in Moria vermeidbar gewesen

Als der kolumbianische Schriftsteller Gabriel García Márquez den Roman »Chronik eines angekündigten Todes« Anfang der 1980er Jahre schrieb, war nicht auszudenken, was etwa 40 Jahre später auf der griechischen Insel Lesbos passieren sollte. Der Leser des Buches weiß schon am Anfang, dass die Hauptperson am Ende einen gewaltsamen Tod finden wird. Ähnlich ist es in dem völlig überfüllten Flüchtlingslager Moria: Seit Jahren sind die unzumutbaren Zustände in diesem Flüchtlingslager bekannt. Mit Vollgas steuerte Moria auf die Katastrophe zu. Jetzt ist sie da – und alle haben sie kommen sehen. Doch niemand hat etwas dagegen unternommen.

Dabei wäre die Tragödie leicht abwendbar gewesen. Die EU-Länder müssten sich nur darauf einigen, wer wie viele in Griechenland gestrandete Schutzsuchende bei sich aufnimmt. Die Regierung in Athen ist seit geraumer Zeit nicht mehr in der Lage, die Menschen adäquat zu versorgen. Das ist jedem politisch Verantwortlichen in Brüssel bekannt. Und dennoch scheint eine Lösung der Situation in Griechenland in diesem Club aus egomanischen Nationalstaaten ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Jeder schiebt dem anderen den Schwarzen Peter zu. Die Leidtragenden dieser Schmierenkomödie sind diejenigen, die in Moria beinahe verbrannt sind.

Mehr als 12 000 Menschen sind nun ohne Dach über dem Kopf, darunter viele Familien mit Kindern. Sie wissen nicht, wohin sie nun können, wie sie den nächsten Tag überleben sollen. Dafür trägt auch die Bundesregierung eine Verantwortung, die sich gern damit brüstet, unbegleitete Flüchtlingskinder aus Griechenland aufgenommen zu haben. Berlin könnte die Menschen aus den örtlichen Elendslagern ausfliegen und anständig unterbringen. Damit wäre zumindest ein Schandfleck europäischer Migrationspolitik Geschichte.

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