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Die Mär von der Alternative
Studie der Rosa Luxemburg Stiftung untersucht das Abstimmungsverhalten der AfD-Fraktion im Bundestag
»Da wir ja nun offensichtlich drittstärkste Partei sind, kann sich diese Bundesregierung warm anziehen. Wir werden sie jagen, wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen«, tönte Alexander Gauland im September 2017, unmittelbar nachdem der erstmalige Einzug der AfD in den Bundestag sicher war. Dass als Drohung formulierte Versprechen des damaligen Parteichefs war schon zuvor die zentrale Wahlkampferzählung, wonach es sich bei der Rechtsaußenpartei um die »einzige echte Opposition« handeln würde. Bis heute bemüht die AfD dieses Selbstbild.
Drei Jahre später ist die Partei allerdings mehr im parlamentarischen Alltag angekommen, als sie wohl zugeben würde, wie aus einer am Montag veröffentlichten Studie hervorgeht. »Wir haben uns gefragt, wie viel hinter der Selbstinszenierung der AfD als Fundamentalopposition steckt«, erklärt Daniela Trochowski, Geschäftsführerin der Rosa-Luxemburg-Stiftung, in deren Auftrag die Analyse entstanden ist. »Nicht viel, wie die Studie zeigt.« Um die PR der Partei in eigener Sache zu entlarven, wurden insgesamt 160 Drucksachen, also etwa Gesetzentwürfe, Anträge der Fraktionen und Anfragen im Zeitraum zwischen Mai 2018 und Juni 2019 ausgewertet. Zur besseren Übersichtlichkeit beschränkt sich die Studie in ihrer Auswertung auf die vier Themen »Arbeit und Soziales«, »Wirtschaft und Energie«, »Inneres und Heimat« sowie den Komplex »Familie«
Das Ergebnis: Die AfD bietet nicht nur »keine grundsätzlichen Alternativen zum Bestehenden« an, sondern stimmt sogar »recht häufig mit den Regierungsfraktionen«. Insgesamt ist sie laut Auswertung sogar die Partei, die am häufigsten für Anträge aus anderen Fraktionen votiert. Im umgekehrten Fall ist dies anders. Die im Untersuchungszeitraum von der AfD zu den untersuchten Themenkomplexen eingereichten Initiativen erhielten von der politischen Konkurrenz in keinem einzigen Fall Unterstützung. Ob diese Abgrenzung dauerhaft so bleibt, da äußern die Studienautoren allerdings Skepsis. »Der Blick auf viele Kommunalvertretungen und Landesparlamente zeigt aber, dass sich Antifaschist*innen nicht auf diese Abgrenzung verlassen dürfen. Die Entwicklungen und Ereignisse in Thüringen oder Sachsen-Anhalt lassen diesbezüglich für die Zukunft nichts Gutes erwarten.« Während die Brandmauer gegen die AfD im Bundestag also noch einigermaßen zu halten scheint, hat die Rechtsaußenfraktion keinerlei Hemmung, mit den anderen Parteien zu stimmen. In mehr als der Hälfte aller Fälle votierte die AfD mit der Union. Bei Grünen und Linken tat sie dies bei nur etwa 30 Prozent der Abstimmungen. Besonders auffällig ist auch die häufige Übereinstimmung mit der FDP, insbesondere bei den Themen Arbeit und Soziales. Will die AfD dagegen ihre Inzensierung als »Anwältin der kleinen Leute« und Beschützerin der »ostdeutschen Identität« stützen, votiert die Fraktion auch für Anträge von Grünen oder Linken. »Da die ostdeutschen Bundesländer die Region in Deutschland mit der größten Zustimmung zur AfD sind, überrascht dies nicht«, heißt es in der Studie. Mit der häufigen Ansprache »realer und imaginierter« ostdeutscher Interessen geriert sich die AfD als »Kümmererpartei« für ihre Stammwählerschaft. Groß ist der Widerspruch zwischen Außenwirkung und Realität im Bereich »Inneres und Heimat«. Obwohl die AfD behauptet, größte Kritikerin der Bundesregierung bei Themen wie Kriminalität oder innere Sicherheit zu sein, unterstützte die Fraktion 13 von 22 Drucksachen der Koalition. Auffällig ist, dass die Rechte im untersuchten Zeitraum mit Abstand am wenigsten durch eigene Anträge aktiv wurde, laut Studie liegen lediglich 13 Drucksachen zu den analysierten Themen vor. Zum Vergleich: Bei der FDP-Fraktion waren es 23, bei den deutlich kleineren Fraktionen von Grünen (34) und Linken (35).
»Während die anderen Oppositionsparteien im Untersuchungszeitraum mit eigenen Anträgen und Vorschlägen inhaltlich in Debatten eingriffen, hielt sich die AfD in den vier betrachteten Themenfeldern zurück. Ihr reicht es häufig aus, lediglich öffentlichkeitswirksam zu polemisieren oder zu kritisieren«, so ein Ergebnis der Studie. Nur in den »seltensten Fällen« bemühe sich die Rechtsaußenpartei darum, tatsächliche politische Alternativen anzubieten. Unter Verweis auf frühere Untersuchungen, etwa des RBB-Politmagazins »Kontraste«, wonach AfD-Abgeordnete besonders häufig durch Abwesenheit bei namentlichen Abstimmungen auffallen, warnen die Studienautoren jedoch davor, die Rechtsaußenfraktion als »faul« zu bezeichnen. Andere parlamentarische Mittel, wie etwa Anfragen, würden von der AfD ähnlich intensiv genutzt wie von den anderen Oppositionsparteien.
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