Gemeinde darf Nachtfahrverbot für Lkw in einem allgemeinem Wohngebiet erlassen
Mieterschutz
Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 3. Juni 2020 (Az. 2 K 537/19.KO).
Das Unternehmen betreibt einen Entsorgungsbetrieb im Außenbereich der Gemeinde. Seit Jahren wird er - auch nachts - durch ein allgemeines Wohngebiet mit Lkw angefahren. Die Anlieger des Wohngebietes beschwerten sich über die damit einhergehenden nächtlichen Lärmbeeinträchtigungen.
Daraufhin erließ die beklagte Stadt eine Anordnung, wonach das betroffene Wohngebiet in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr für den Schwerlastverkehr gesperrt ist. Dagegen wandte sich das Entsorgungsunternehmen mit seiner Klage. Der Betrieb sei auf eine Erreichbarkeit durch den Schwerlastverkehr rund um die Uhr angewiesen. Bei einer Umorganisation müssten vier zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt werden, was die Existenz gefährde. Eine anderweitige Erreichbarkeit als über das Wohngebiet bestehe nicht. Die Fahrer seien eigens angewiesen worden, nur Schrittgeschwindigkeit zu fahren. Auch habe man geräuschoptimierte Reifen beschafft.
Die Klage gegen die Anordnung blieb ohne Erfolg. Das Fahrverbot zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen sei rechtmäßig. Hierfür genüge es, wenn der Lärm Beeinträchtigungen mit sich bringe, die jenseits des ortsüblich Zumutbaren lägen. Es bestünden keine vernünftiger Zweifel, dass ein Lkw-Verkehr in der besonders schützenswerten Nachtzeit von 22 Uhr bis 6 Uhr in einem allgemeinen Wohngebiet nicht hinnehmbar sei.
Bei einer Stichprobe seien 14 nächtliche Lkw-Fahrten gezählt worden. Die damit einhergehende unzumutbare Störung der Nachtruhe bestehe trotz der angeblich getroffenen Lärmschutzmaßnahmen. Fahr- und Motorgeräusche seien während der Nachtzeit mangels sonstiger Alltagsgeräusche besonders deutlich wahrnehmbar.
Die Gemeinde habe auch den höchstrangigen Rechtsgütern der körperlichen Unversehrtheit und Gesundheit der Wohnbevölkerung den Vorrang vor den rein wirtschaftlichen Interessen der Klägerin geben dürfen. Dies gelte umso mehr, als die Klägerin eine zwingende wirtschaftliche Notwendigkeit von nächtlichem Schwerlastverkehr nicht nachgewiesen habe. DAV/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.