• Berlin
  • Späth’schen Baumschulen

Gegärtnert wird immer

Seit 300 Jahren gibt es die Späth’schen Baumschulen. Daran wird auch die Coronakrise nichts ändern

  • Jutta Schütz
  • Lesedauer: 3 Min.

Immer wieder haben sie es geschafft, durch Krisen zu kommen. Auch Corona haben die Späth’schen Baumschulen in Berlin-Treptow bislang gemeistert. Geschäftsführer Holger Zahn ist stolz: Keiner der 65 Mitarbeiter hätte in Kurzarbeit oder entlassen werden müssen, der Verkauf sei nicht eingebrochen. Vielmehr hätten sich in der Pandemie viele Menschen aufs Gärtnern besonnen.

Das Unternehmen will an diesem Wochenende mit einem Jubiläumsmarkt an seine lange Tradition erinnern. Genau genommen gibt es ein rundes Jubiläum zu feiern - den 300. Geburtstag. Der Betrieb wurde von Christoph Späth mit 300 Talern als Gemüse- und Blumengärtnerei vor dem Halleschen Tor gegründet, die Urkunde stammt vom 11. September 1720. Der mehrmals in Berlin umgezogene Familienbetrieb stieg Anfang des 20. Jahrhunderts nach eigenen Angaben zur weltweit größten Sortimentsbaumschule auf.

Die Firma war prägend: Stadtteil und S-Bahn-Station wurden Baumschulenweg genannt, der Standort Späthstraße. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Unternehmen im Ostteil Berlins ein Volkseigener Betrieb, in den 1980er Jahren firmierte sie dann als Volkseigenes Gut Saatzucht Baumschulen. Dutzende Pflanzensorten wurden gezüchtet, so auch mehrere weibliche Sorten Sanddorn sowie die männlichen Bestäuber, nachdem die DDR auf die genügsame Wildfrucht gestoßen war. Die Beere wurde auch »Zitrone des Ostens« genannt - wegen ihres enorm hohen Gehalts an Vitamin C sowie neun anderer Vitamine. Produziert wurde gegen Devisen auch für den Westen.

Nach der Wiedervereinigung wollte die Treuhand den Betrieb abwickeln. Als 1997 nach langem, kräftezehrendem Rechtsstreit die Rückübertragung erreicht war, verkauften die Erben das Unternehmen an Investoren. Der Betrieb sei nun Pächter auf dem ursprünglich eigenen, historischen Gelände, sagt eine Sprecherin. Geschäftsführer Zahn betont, dass jetzt der Ausbau der Produktionsflächen in Brandenburg forciert werde. »Das wichtigste Thema aber ist die Sicherung unseres Standortes in Berlin als Gewerbehof für den Baumschulenbetrieb und weitere grüne Branchen. Erst dann können wir weiter in die Zukunft planen.«

Das ursprünglich geplante große Fest auf dem 3,5-Hektar-Areal muss wegen Corona ausfallen. Dafür gibt es den Jubiläumsmarkt am 19. und 20. September mit Ausstellern aus ganz Deutschland auf dem historischen Gelände. Zu sehen sind Pflanzenschauen mit Dahlien oder Kürbissen sowie Ideen für Garten, Terrasse und Balkon.

Vorgestellt wird zudem das neue Späth-Buch mit der Unternehmensgeschichte. Darin geht es mit Zeitzeugenberichten und Dokumenten auch um die Jahre im Nationalsozialismus. Hellmut Späth, Firmeninhaber in sechster Generation, sei nach kritischen Äußerungen zum NS-Regime eingesperrt und im KZ Sachsenhausen in den letzten Kriegswochen erschossen worden, heißt es.

Zu Eröffnung des Jubiläumsmarktes werden Berlins Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) und Treptow-Köpenicks Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) erwartet. Auch eine Diskussion zur Zukunft des Stadtgrüns steht auf dem Programm.

Apropos Zukunft: Pünktlich zum Jubiläum hat die Baumschule schon eine Späth-Erle im Tiergarten gepflanzt. Sie sei ein ziemlich widerstandsfähiger Baum, dem Hitze und Trockenheit deutlich weniger zu schaffen machten als anderen, sagt Zahn. Die Späth-Erle werde heutigen Ansprüchen an Klimaresistenz sehr gut gerecht. Die Art wurde demnach 1908 in den Späth’schen Baumschulen aus japanischer und kaukasischer Erle gezüchtet. dpa

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