Lübcke-Prozess: Markus H. vor Haftentlassung?

Der Rechtsanwalt des Mitangeklagten forderte eine Haftprüfung

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.

Markus H. könnte demnächst aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Das deutete der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel am Dienstagvormittag im Oberlandesgericht Frankfurt am Main an. H. ist der psychischen Beihilfe am Mord des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke angeklagt. In der vergangenen Woche hatte die ehemalige Lebensgefährtin von H. ausgesagt. Neben einigen belastenden und entlastenden Aussagen machte sie auch mehrere unwahre Angaben. Björn Clemens, Anwalt von H., bat daraufhin am Dienstag darum, die »Haftfrage zu prüfen«. Sagebiel sagte dazu: »In der Tat, wir haben immer die Haftfrage im Auge.« Der Senat brauche allerdings noch Zeit für eine entsprechende Entscheidung. Das Thema werde aber »in Kürze hier auf den Tisch kommen«.

Eigentlich sollte am 20. Verhandlungstag im Prozess um den Mord an Lübcke und den versuchten Mord an Ahmad I. ein ganz anderes Thema im Fokus stehen: Frank Hannig, der kürzlich entpflichtete Anwalt des Hauptangeklagten Stephan Ernst, saß im Zeugenstand. Ernst hatte ihn in wesentlichen Punkten von seiner anwaltlichen Schweigepflicht entbunden. Hannig sollte zu dem Vorwurf befragt werden, er habe das zweite Geständnis von Ernst zum Teil erfunden. Hannig, so behauptete Ernst kürzlich vor Gericht, soll für die Behauptung verantwortlich gewesen sein, nicht Ernst habe auf Lübcke geschossen, sondern H. Und zwar versehentlich. Dies, so Ernst, sollte zu einer »Aussage-gegen-Aussage«-Situation führen, sodass letztlich weder der eine noch der andere für den Mord hätte verantwortlich gemacht werden können. Ernsts Anwalt Mustafa Kaplan und ein weitere Anwalt hatten den Vorwurf vor Gericht bestätigt.

Doch Hannig sagte – so gut wie – nichts. Er ließ wiederum über seinen Anwalt erklären, von einem umfassenden Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen zu wollen, um sich nicht möglicherweise selbst zu belasten. Was wie ein Schuldzugeständnis klingt, ist juristisch keines. Der Senat gestand Hannig das Aussageverweigerungsrecht bis auf einen Punkt zu: Er sollte mitteilen, wie er überhaupt an den Mandanten Ernst gelangt war. Hannig erklärte daraufhin in wenigen Sätzen, ein ihm unbekannter Justizvollzugsbeamter aus der JVA Kassel habe ihn angerufen, ihm gesagt, dass der mutmaßliche Lübcke-Mörder dort einsitze und »einen Anwalt wie Sie« brauche. Hannig habe Ernst daraufhin einen Brief geschrieben – und schließlich das Mandat übernommen.

Am Nachmittag sollen zwei ehemalige Arbeitskollegen von Ernst aussagen: L. und A. Beide sollen Waffen von Ernst gekauft haben. L. soll außerdem Schmiere gestanden haben, als Ernst die Tatwaffe und andere Waffen auf dem Firmengelände vergrub. Am Montag berichtete der NDR, dass gegen L. Anklage wegen illegalen Waffenbesitzes erhoben wurde. Parallel läuft außerdem ein Ermittlungsverfahren gegen L. wegen des Verdachts auf Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenen Straftat. Richter Sagebiel kündigte an, dass er davon ausgehe, dass beide Arbeitskollegen von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen.

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