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Verordneter Rassismus
Sebastian Weiermann über eine interne Broschüre der Polizei Essen
Vor einer Woche wurde bekannt, dass sich 29 Polizisten aus Essen und Mülheim in einem Chat neonazistische Bilder schickten. Die Aufregung war groß. Der NRW-Innenminister Herbert Reul wie auch der Essener Polizeipräsident äußerten ihre Abscheu und betonten, wie unvorstellbar Rassismus bei der Polizei sei. Eine Woche später ist klar: Rassismus wird bei der Essener Polizei von oben verordnet. Ein internes Papier zur »Clanbekämpfung« strotzt vor rassistischen Zuschreibungen und vermittelt ein Bild von der Polizei, die im Krieg gegen arabischstämmige Familien ist.
Wer solche Papiere an Polizisten austeilt, muss sich nicht wundern, wenn diese sich radikalisieren und rassistische Vernichtungsfantasien austauschen. Das Problem fängt oben im politischen Apparat an und setzt sich nach unten fort. Kürzlich sagte Reul, die Clanbekämpfung rechtfertige ein bisschen Diskriminierung. Die Autorin des Polizei-Papiers sieht Debatten über Rassismus skeptisch, da sie Kriminellen helfen würden. Essens Polizeipräsident verneinte Anzeichen für Probleme in seiner Behörde.
Nun stellt sich die Frage: Erkennen diese Leute ihren Rassismus nicht? Oder äußern sie sich bewusst und gewollt rassistisch? Fragt sich, was schlimmer wäre. Politisch Verantwortliche, die Rassismus erst dann erkennen, wenn ihnen ein Hakenkreuz ins Gesicht springt oder welche, die sich willentlich rassistisch äußern. Was jetzt noch helfen kann, wäre eine ehrliche Aufarbeitung, bei der jeder Stein umgedreht wird und Konsequenzen gezogen werden. Doch die wird höchstwahrscheinlich nicht kommen. Zu sehr freut sich die NRW-Landesregierung, mit Herbert Reul einen »schwarzen Sheriff« zu haben, der markige Sprüche klopft und »aufräumt«. Mit Rassismus lassen sich immerhin noch Stimmen gewinnen.
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