- Berlin
- Neukölln-Komplex
Eine Frage des Wollens
Marie Frank über die mangelnden Ermittlungserfolge im Neukölln-Komplex
Man fragt sich, warum ein Teil des Abschlussberichts zur rechtsextremen Terrorserie in Neukölln überhaupt als vertraulich eingestuft ist. Glaubt man den Innenpolitikern im Abgeordnetenhaus, scheint dort ohnehin nichts Erhellendes drinzustehen. Aber das war bei all den Verdachtsmomenten gegen Berliner Polizist*innen und deren möglichen Verstrickungen ins rechtsextreme Tätermilieu auch nicht zu erwarten. Der Verdacht der Vertuschung steht im Raum, und keine polizeiliche Sonderkommission der Welt wird diesen erhärten - oder auch entkräften. Denn Polizist*innen verpfeifen keine Kolleg*innen, das verbietet der Korpsgeist. Nur eine unabhängige Kontrollinstanz kann hier Klarheit bringen. Eine externe Kommission ist ein guter Anfang, ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss muss folgen.
Damit ist es jedoch nicht getan. Der Neukölln-Komplex ist immer noch nicht aufgeklärt, obwohl alle wissen, wer die Täter sind. Neonazis fühlen sich angesichts der mangelnden Strafverfolgung sicher in Neukölln, wie die vielen einschlägigen Sticker, Schmierereien und Angriffe zeigen. Auch weil sie sehen, dass die Staatsmacht nicht mit derselben Härte gegen sie vorgeht wie gegen ihre politischen Gegner. Obwohl nie mehr als ein paar Kilo unversteuerter Tabak dabei rumkommen, werden Shisha-Bars unter dem Vorwand der Bekämpfung der »Clankriminalität« wöchentlich mit Razzien drangsaliert. Linke, die sich gegen die kapitalistische Ordnung auflehnen, werden seit G20 mit massiven Repressionen überzogen, wie die Durchsuchungen wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung nach Paragraf 129a in Berlin vor zwei Wochen zeigen.
Warum wird der »Schnüffelparagraf« 129a nicht gegen Sebastian T., Thilo P. und Julian B. eingesetzt? Warum gibt es keine Razzien in Nazi-Treffs? Die Mittel sind da. Doch gegen wen sie eingesetzt werden, scheint anhand der politischen Gesinnung oder rassistischer Merkmale entschieden zu werden. Daran wird auch eine externe Kommission oder ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss nichts ändern.
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