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Krise hin, Lügen her
Die Fußballklubs werfen das Geld aus dem Transferfenster, als ob es Corona nie gegeben hätte
Es ist kein halbes Jahr her, als der Fußball seinen eigenen Untergang prophezeite. Keine Spiele, kein Fernsehgeld: 13 von 36 Profiklubs drohe die schnelle Insolvenz. Hohe Schulden? Astronomische Ablösesummen und Spielergehälter? Eine der vielen Versprechungen aus diesen Tagen lieferte Christian Seifert. Ein »Weiter so« werde es nicht geben, versicherte der Chef des Ligaverbandes (DFL). Taten folgten bislang nicht. Mit dem 5. Oktober kam nun endlich mal ein Tag, um den Wert der wortgewaltigen Demut messen zu können. Coronakrise hin, Lügen her: Das Ende der Transferperiode zeigt, dass das System Profifußball läuft wie in besten Zeiten – im schlechten Sinne.
Wie es funktioniert, zeigt der FC Bayern. Um das derzeit beste Team Europas entspann sich eine absurde Debatte. Es brauche unbedingt Verstärkungen, wiederholten Klub und Medien nach dem Sieg in der Champions League. Gesagt, getan: 64 Millionen Euro gaben die Münchner für neue Spieler aus. Aber nicht nur das: Douglas Costa kam leihweise und ablösefrei. Das Jahresgehalt des Brasilianers von rund zehn Millionen Euro fällt dennoch für den FC Bayern an. Was sagte deren Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge im April? Man müsse »gewisse Exzesse beispielsweise auf dem Transfermarkt zurückdrehen.« Und was hat Uli Hoeneß vor drei Jahren gesagt, als Costa die Münchner Richtung Turin verlassen hatte? Er sei ein »ziemlicher Söldner«. Willkommen zurück!
Insgesamt gaben die 18 Erstligisten in diesem Sommer 321,4 Millionen Euro für neue Spieler aus – und damit 424 Millionen weniger als vor einem Jahr. Ist das ein Zeichen einkehrender Vernunft? Nicht wirklich. Im Vergleich zum Sommer 2018 sind es »nur« 165 Millionen weniger. Und Einsicht ist im Profifußball meist nur eine Reaktion auf Druck und Zwang. Wie bei Schalke 04. Nur zwei Millionen bezahlten die wortwörtlich »Knappen« diesmal für Neuzugänge. Weil es wirklich nicht mehr anders ging. In den vergangenen fünf Jahren beliefen sich Ausgaben auf dem Transfermarkt hingegen auf 220 Millionen Euro – bei einem immer fast gleichbleibenden Schuldenstand von rund 200 Millionen Euro. Ein weiterer Hinweis auf ein »Weiter so« ist die Anzahl der verpflichteten Spieler: 232 waren es in diesem Sommer, 248 im vergangenen. Die angekündigte Reduzierung von Gehältern und Kaderstärke ist ausgeblieben. Der Lohnverzicht von Profis ist auch kein Thema mehr.
Schalke wurde in der Coronakrise eine Landesbürgschaft gewährt. Über Staatshilfen denkt auch Borussia Dortmund nach. Dennoch schloss der BVB diese Transferperiode mit einem Minus von 43 Millionen Euro ab – um im sportlichen Wettbewerb weiter vorn dabei zu sein. Einen anderen Weg aus der Krise wählt Hertha BSC. Mithilfe des Investors Lars Windhorst wurde in Berlin für 33 Millionen Euro weiter munter eingekauft – und somit die Spirale im System Profifußball einfach weitergedreht.
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