Harris und Pence: Hart, aber höflich

Die Coronakrise prägte das einzige TV-Duell der US-Vizekandidaten

  • Lesedauer: 3 Min.

Salt Lake City. Heftiger Streit über die Corona-Pandemie, aber auch betonte Höflichkeit haben das Fernsehduell der US-Vizepräsidentschaftskandidaten Mike Pence und Kamala Harris geprägt. Der republikanische Vizepräsident und die demokratische Senatorin zeigten sich am Mittwochabend (Ortszeit) um einen deutlichen Kontrast zur chaotischen ersten Debatte zwischen Präsident Donald Trump und seinem Herausforderer Joe Biden bemüht. Inhaltlich ging es aber knapp vier Wochen vor der Präsidentschaftswahl hart zur Sache.

Harris griff gleich zu Beginn des Duells das Corona-Krisenmanagement der Regierung von Trump und seinem Stellvertreter Pence an. »Das ist das größte Scheitern einer Regierung in der Geschichte unseres Landes«, sagte die afroamerikanische Politikerin. »Auf dieser Grundlage hat diese Regierung ihr Recht auf eine Wiederwahl eingebüßt.« Die 55-Jährige verwies insbesondere auf die mehr als 210.000 Corona-Toten in den USA - die höchste Zahl weltweit - und warf der Trump-Regierung »Inkompetenz« vor.

Max und Moritz

Max Böhnel ist USA-Korrespondent des »nd« und lebt seit 1998 in New York. Dort arbeitet er für mehrere Publikationen und Radiosender in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Moritz Wichmann ist Redakteur im Onlineressort des »nd«, sein Schwerpunkt sind die USA. Er studierte Politik und Soziologie in Berlin und New York. Ein Teil seiner Familie lebt in den USA.

Oliver Kern ist Redakteur im Sportressort des »nd«. Er studierte einst in einer Kleinstadt in Ohio. Bis heute hält er sich auf dem Laufenden, was politisch in den USA los ist.

Pence, der den Corona-Krisenstab des Weißen Hauses leitet, verteidigte das Vorgehen der Regierung. Trump habe »vom ersten Tag an« die Gesundheit der US-Bürger an erste Stelle gestellt und unter anderem mit einem Einreiseverbot gegen China viele Menschenleben gerettet. Der 61-jährige Pence warf seiner Rivalin im Gegenzug vor, auf verantwortungslose Weise das Vertrauen der Bürger in einen künftigen Corona-Impfstoff zu »untergraben«.

Harris hatte zuvor gesagt, sie würde einen neuen Impfstoff sofort nehmen, wenn er von Experten empfohlen würde - aber nicht, wenn er von Trump empfohlen werde. Kritiker werfen dem Präsidenten vor, aus politischen Gründen möglichst schnell einen Corona-Impfstoff durchdrücken zu wollen.

Die Debatte in Salt Lake City im Bundesstaat Utah stand ganz im Zeichen der Pandemie: Weniger als eine Woche nach dem Bekanntwerden von Trumps Corona-Infektion saßen Pence und Harris durch Plexiglas getrennt auf der Bühne. Zur Sprache kamen in der anderthalbstündigen Debatte neben Corona aber auch zahlreiche weitere Themen: Die Wirtschaftspolitik, Steuern, der Umgang mit China und dem Iran, die Klimapolitik, das Abtreibungsrecht, die Rassismus-Debatte und Polizeigewalt in den USA.

Harris und Pence debattierten zwar hart - blieben aber viel höflicher im Umgang miteinander als Trump und Biden bei ihrem Duell vergangene Woche. So gratulierte der Vizepräsident seiner Rivalin zu ihrer Nominierung zur Vize-Kandidatin. Allerdings unterbrach Pence Harris wiederholt, die Senatorin ermahnte den Vizepräsidenten mehrfach, sie ausreden zu lassen.

Beide wichen zudem immer wieder Fragen aus. So wollte Harris nicht auf die Frage antworten, ob die Demokraten bei einem Wahlsieg den konservativ dominierten Obersten Gerichtshof vergrößern könnten, um mit neuen Richtern ein liberales Übergewicht herzustellen.

Pence wiederum beantwortete nicht die Frage, wie er reagieren würde, sollte Trump eine mögliche Wahlniederlage nicht anerkennen. Er gab sich vielmehr überzeugt von einem Wahlsieg am 3. November: »Ich denke, wir werden diese Wahl gewinnen.« Der in Umfragen hinter Biden liegende Trump hat wiederholt die Zusage verweigert, dass er eine Abwahl akzeptieren würde.

Das einzige TV-Duell der Vize-Kandidaten wurde mit besonderer Spannung erwartet. Wegen Trumps Corona-Infektion ist derzeit unklar, ob die beiden weiteren, für den 15. Oktober und den 22. Oktober geplanten Fernsehdebatten zwischen dem Präsidenten und seinem Rivalen stattfinden werden.

Auch wegen des hohen Alters des 74-jährigen Trump und des 77-jährigen Biden liegt in diesem Jahr ein besonders starkes Augenmerk auf den Vize-Kandidaten. Pence oder Harris würden die Amtsgeschäfte des künftigen Präsidenten übernehmen, sollte dieser beispielsweise wegen einer schweren Erkrankung amtsunfähig werden. Sowohl Pence als auch Harris werden zudem als mögliche Präsidentschaftskandidaten bei der nächsten Wahl 2024 gehandelt. AFP/nd

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