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»Der Markt regelt nicht, dass alle gut durch die Krise kommen«

Linke-Parteitage in Sachsen und Bayern / Ramelow: Thema Umverteilung muss wieder auf die Tagesordnung / Doppelspitze in Bayern gewählt

  • Lesedauer: 5 Min.

Plauen/Erlangen. Die sächsischen Linken haben eine gerechte Verteilung der Lasten aus der Corona-Krise verlangt. Die Forderung zog sich am Samstag wie ein roter Faden durch einen Parteitag in Plauen und war Kern eines Leitantrages. Die Pandemie habe das Paradigma, der Markt würde alles regeln, als Falschbehauptung entlarvt, sagte Parteichefin Susanne Schaper: »Der Markt regelt eben kein gutes Gesundheitssystem. Der Markt regelt nicht, dass Breitband als Voraussetzung für digitales Arbeiten zum Beispiel im Homeoffice überall verfügbar ist. Der Markt regelt nicht, dass alle gut durch die Krise kommen. Und der Markt sorgt auch nicht dafür, dass ein Impfstoff am Ende für alle Menschen überall auf der Welt verfügbar ist.«

Nach den Worten von Schaper hat die Pandemie die »Prekarisierung weiter Teile der Bevölkerung«, die soziale Spaltung der Gesellschaft sowie die Untauglichkeit neoliberaler Politik offengelegt. Die Pandemie sei eine Ausnahmesituation und erfordere daher außergewöhnliche Lösungsstrategien: »In Bezug auf die Bewältigung ihrer finanziellen Folgen halten wir einen Lastenausgleich, der große Vermögen in die Verantwortung nimmt, für unerlässlich.« Durch die Krise und ihre Folgen drohe die Verarmung weiter Teil der Bevölkerung. Die Linken würden sich daher für die Abschaffung des Hartz-IV-Systems einsetzen und es durch eine existenzsichernde und sanktionsfreie Mindestsicherung von 1050 Euro ersetzen.

Das Treffen der Linken war als sogenannter Hybrid-Parteitag ausgewiesen. 83 Delegierte saßen zu Hause am Computer und verfolgten die Reden im Livestream, knapp 70 Frauen und Männer waren im Saal »analog« dabei. Gleich zu Beginn hatte Schaper Optimismus verbreitet. »Ich glaube, es zeigt sich ein rötlicher Silberstreif am Horizont.« Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Kantar sehe die Partei erstmals seit langer Zeit mit 19 Prozent wieder auf Platz 2 der Wählergunst in Ostdeutschland. Bei der Landtagswahl 2019 in Sachsen waren die Linken von 18,9 Prozent (2014) auf 10,4 Prozent abgestürzt. Laut Schaper sind die Linken nur stark, wo sie auf kommunaler Ebene präsent sind: »Das ist das Rezept, um an alten Erfolgen anzuknüpfen.«

Als Gastredner sprach Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zu den Delegierten. Auch er forderte in der Corona-Krise Gerechtigkeit ein. Der Verteilungsprozess - dass die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher würden - dürfe nicht als gottgegebenes Gesetz hingenommen werden. Das Thema Umverteilung müsse wieder auf die Tagesordnung. Gewerkschaften würden keine unbotmäßigen Forderungen stellen. Wenn man das Wort Umverteilung in den Mund nehme, werde mal schnell als Kommunist bezeichnet. Man könne das aber auch christlich nennen.

»Corona zeigt nur auf, was vor der Krise schon falsch gelaufen ist«, sagte Ramelow. Wenn sich Gesundheitsvorsorge an Börsenkursen und Börsenerträgen orientiere, sei das falsch. Die Ideologie »Privat vor Staat« sei ein Irrweg. Manche Themen seien leider nie gesamtdeutsch diskutiert worden. Als Beispiel nannte er die aus DDR-Zeiten stammenden Polikliniken und das System der Gemeindeschwestern auf dem Lande, die sich auch um soziale Belange gekümmert hätten. Das wären auch »gute Antworten« für ganz Deutschland gewesen.

Bayerns Linke wählt Gürpinar und Flach-Gomez als neue Doppelspitze

Bayerns Linke hat eine neue Landesspitze: Die Nürnberger Kommunalpolitikerin und Lehrerin Kathrin Flach-Gomez und der Münchner Ates Gürpinar wurden am Samstagabend im fränkischen Erlangen zur neuen Doppelspitze gewählt. Dies teilte der Landesverband auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in München mit. Für Flach-Gomez stimmten 79,5 Prozent der Delegierten, für sie war es zugleich auch die erste Wahl zur Landesvorsitzenden, auf Gürpinar entfielen 75,6 Prozent, er hat das Amt bereits seit 2016 inne. Die langjährige Landeschefin und Ex-Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter hatte auf eine erneute Kandidatur verzichtet.

Der Parteitag fand unter strengen Corona-Auflagen statt. Nur rund 180 Personen waren für die Heinrich-Lades-Halle zugelassen, eigentlich fasst die Halle rund 1000 Personen. Bereits am Nachmittag hatten die Delegierten auch einen Leitantrag diskutiert und einstimmig beschlossen, der sich primär mit den sozialen Folgen der Corona-Krise auseinandersetzt. Darin fordert die Linke etwa, dass Kliniken ihre Aufgaben für die Gesundheitsvorsorge ohne wirtschaftlichen Druck verfolgen können. Zudem kritisiert der Antrag, dass das Corona-Krisenmanagement von Bund und Ländern zulasten der sozial Schwachen gehe, während Konzerne Milliarden-Hilfen bekämen.

Dazu hatte auch der scheidende Parteichef Bernd Riexinger in Erlangen zu den Delegierten gesprochen. In seiner Rede forderte auch er von seiner Partei im Kampf gegen die Corona-Krise mehr Augenmerk für die soziale Gerechtigkeit: »Klatschen wie die Verrückten« bringe niemanden eine wirkliche Verbesserung, sagte er. Pflegepersonal in Krankenhäusern und andere Berufsgruppen müssten mit deutlich mehr Einkommen belohnt werden, damit müsse der Einstieg in eine Verbesserung für unterbezahlte Berufe generell geschaffen werden.

Die Linke zählt nach eigenen Angaben im Freistaat derzeit 3400 Mitglieder. Am Einzug in den bayerischen Landtag war die Partei 2018 mit 3,2 Prozent der Stimmen gescheitert. Nachdem die Linke in Bayern aber seit 2018 die Zahl ihrer kommunalen Mandate etwa vervierfachen konnte, widmet sich der Leitantrag auch der Neustrukturierung des Landesverbandes. Als Ziel wird ein Ausbau von 75 Ortsverbänden und Basisorganisationen genannt, um bei den Wahlen in den kommenden Jahren auch jenseits der Großstädte mehr Wähler ansprechen zu können.

Zum Abschluss des Parteitags am Sonntag will der Landesverband neben weiteren Vorstandswahlen auch mit Blick auf die Bundestagswahl 2021 noch seine Wahlziele und die Kernpunkte der Kampagne formulieren. dpa/nd

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