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Hauptgegner CDU
Die Linke Sachsen-Anhalt greift auf ihrem Parteitag die Landesregierung hart an
Bertolt Brecht war in gewisser Weise ein Vorreiter west-östlicher Verbundenheit, die ja dieser Tage, 30 Jahre nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik, so sehr zur Debatte steht. In Augsburg geboren, verbrachte der Dramatiker und Lyriker nach dem zweiten Weltkrieg einige Jahre in der DDR, ehe er in Ost-Berlin starb. Ob Stefan Gebhardt, der Vorsitzende des linken Landesverbandes von Sachsen-Anhalt, an diese Biografie dachte, als er Brecht am Sonntag auf dem Landesparteitag zitierte?
Zumindest bemühte sich Gebhardt mit Brecht um eine historische Einordnung gegenwärtiger Zustände. »Wessen Morgen ist der Morgen, wessen Welt ist die Welt?«, zitierte er aus Brechts Solidaritätslied, mit dem dieser einst vor den Folgen der Weltwirtschaftskrise 1929 warnte. Auf dem Parteitag nun, der scheinbar abgelegen von harter Realität zwischen Wald und Feldern im Ferienpark Plötzky zwischen Schönebeck und Gommern stattfand, zeigte sich auch Gebhardt als Mahner: Deutschland, so der linke Landeschef, nehme angesichts rechtsextremer Anschläge und grassierender Verschwörungstheorien »immer mehr Züge einer Weimarer Republik 2.0 an«.
Mit der 2. Tagung des 7. Landesparteitags läutete die Linke den Wahlkampf für die Landtagswahl am 6. Juni 2021 ein. Eva von Angern, die der Landesvorstand im Juli einstimmig als Spitzenkandidatin vorgeschlagen hatte, gab in ihrer Rede das Ziel aus: Der Wahlkampf sei »ein Marathon, den ich bereit bin zu laufen«, um dann »einen oberen Podestplatz« zu erreichen.
Gewiss: Der oberste Treppchenplatz, auf dem seit der Landtagswahl 2002 ununterbrochen die CDU thront, wird für die Linke kaum zu erklimmen sein. Zu weit entfernt scheinen die Konservativen, auch in aktuellen Umfragen. Und dennoch ist sich die Linke einig: Der Hauptgegner im Wahlkampf ist die CDU.
So steht es im Leitantrag, der auf dem Parteitag zur Disposition gestellt wurde und nun als Grundlage für den Wahlkampf dienen soll. Darin heißt es, sinnbildlich zusammengefasst: »Wir sind die Partei der Solidarität, die CDU ist die Partei des Ellenbogens.« Die Linke macht sich stark für eine gute Sozialpolitik, einen gerechten Zugang zu Bildung und Wissenschaft und ein wohnortnahes Gesundheits- und Pflegesystem und sieht in ebendiesen Punkten einen Widerspruch zur herrschenden CDU-Politik, fordert »mehr soziale Gerechtigkeit statt neoliberaler Sparlogik«.
Die sogenannte Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen griff Landeschef Gebhardt in seiner Rede hart an, bezeichnete sie als »Gurkentruppe«. Bemerkenswert: Die rechtsradikale AfD, die bei der letzten Wahl mit 23,4 Prozent für eine landesweite Schockstarre gesorgt hatte, während die Linke nur auf 16,3 Prozent gekommen war, spielte auf dem Parteitag eher eine Nebenrolle - und das in diesen Zeiten, die Gebhardt mit den Weimarern verglich.
Nun, der »Politikwechsel«, den Gebhardt in seiner Rede einforderte, wird eher schwer zu realisieren sein. Vieles deutet darauf hin, dass die Kenia-Koalition nach der Wahl weitermachen dürfte. Denn es mangelt an realisierbaren Alternativen. Ein rot-rot-grünes Bündnis scheint derzeit außer Reichweite.
Zumindest zeigte die Linke auf dem Parteitag, dass sie es mit der Absage an den Ellenbogen offenbar ernst meint, zumindest innerparteilich: Die Delegierten zeigten sich geschlossen, es gab bei der Aussprache zum Leitantrag und beim Abstimmungsverfahren nur wenige ernsthafte Kontroversen. Entsprechend nahmen die Delegierten den Leitantrag mehrheitlich an und unterstützten damit auch den Vorschlag des Landesvorstands zur Nominierung von Eva von Angern als Spitzenkandidatin. Hierüber entscheidet letztlich eine Vertreterversammlung im Januar.
Zugleich forderte der ehemalige Spitzenkandidat Wulf Gallert, nun im Wahlkampf die Ellenbogen gegen die CDU auszufahren: »Diese Landtagswahl muss eine der Polarisierung sein zwischen Ellenbogen und Solidarität. Ellenbogen heißt Reiner Haseloff, Solidarität heißt Eva von Angern.«
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