- Wirtschaft und Umwelt
- EU-Agrarpolitik
Wenig Lob für Klöckners Kompromiss
Rat und Parlament haben ihre Positionen zur zukünftigen EU-Agrarpolitik verabschiedet
Julia Klöckner hatte schon angekündigt, es werde eine lange Nacht. In den frühen Morgenstunden am Mittwoch konnte die Bundesagrarministerin nach fast zweitägigen Verhandlungen ihren Kompromiss präsentieren. »Wir zeigen, dass eine stärkere Umwelt- und Klimaambition zusammengeht mit Ernährungssicherung und der notwendigen Einkommensstützung für die Betriebe«, sagte die CDU-Politikerin und sprach von einem »Systemwechsel«. Weil Deutschland derzeit den Vorsitz der EU-Staaten innehat, leitete sie die Verhandlungen.
Im Kern geht es um die Frage, welchen Anteil verbindliche Umweltleistungen in der ersten Säule der Agrarzahlungen der Gemeinsamen Agrarpolitik, kurz GAP, haben sollen. Diese Direktzahlungen waren bisher allein an die Fläche der landwirtschaftlichen Betriebe gekoppelt, jetzt sollen durch sogenannte Eco-Schemes Umweltleistungen honoriert werden. Der Kompromiss sieht vor, dass die EU-Staaten künftig mindestens 20 Prozent der Direktzahlungen für diese Öko-Regelungen reservieren müssen.
Verabschiedet wurde auch, dass es eine zweijährige »Lernphase« geben soll. Sie soll sicherstellen, dass ungenutztes Geld aus diesen Umweltprogrammen für die EU-Staaten nicht verloren geht, wenn sie es nicht abrufen. Zudem sollen die Länder auch Umweltleistungen, die in der sogenannten zweiten Säule erbracht werden, bei den Eco-Schemes anrechnen lassen können.
Auch das EU-Parlament hat am Dienstagabend Eckpfeiler seiner Position festgelegt - und fordert für die Öko-Regelungen einen Anteil von mindestens 30 Prozent der Direktzahlungen. Endgültig abgestimmt werden soll am Freitag. Anschließend beginnt der Verhandlungsprozess zwischen EU-Rat, Parlament und Kommission.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) begrüßte den Kompromiss. Klöckner habe »sehr gute Arbeit geleistet«, sagte DBV-Präsident Joachim Rukwied am Mittwoch in Berlin. Die Agrarpolitik werde »eindeutig grüner«. Wichtig sei, dass das EU-Budget für die Agrarpolitik stabil bleibe. Der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) dagegen sind die Schritte nicht konsequent genug. »Zielführender wäre ein über die ganze Förderperiode hinweg ansteigendes Budget für Öko-Regelungen«, um so die notwendige Transformation der GAP einzuleiten, sagte AbL-Bundesvorsitzende Elisabeth Fresen.
Harsche Kritik kommt von Umweltverbänden und Klimaaktivist*innen. »Enttäuschend« nannte Olaf Bandt, Vorsitzender des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland die Beschlüsse. Fridays for Future kommentierte: »Diese GAP ist kein Schritt in Richtung Klimaschutz, sondern ein bewusster Sprung direkt in die Klimakatastrophe.« Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Lars van Aken kritisierte, Klöckner und viele ihrer europäischen Kolleg*innen betrieben »klassische Klientelpolitik für Großbetriebe und Agrarwirtschaft zulasten bäuerlicher Familienbetriebe und der Umwelt«.
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