Grundeinkommen in der Coronakrise

Im Petitionsausschuss gibt es keine Zustimmung für ein Krisen-Grundeinkommen

Am Montag wurde im Petitionsausschuss des Bundestages eine Petition für ein zeitlich begrenztes, bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) behandelt. 176 000 Menschen haben die Petition der langjährigen Aktivistin Susanne Wiest unterzeichnet. In dieser wird gefordert, auf Grund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Einkommensausfälle allen Bürger*innen »kurzfristig und zeitlich begrenzt, aber solange wie notwendig«, ein BGE zu zahlen. Das Grundeinkommen müsse existenzsichernd sein und die gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen.

Aus Sicht der Petentin ist ein Betrag von monatlich 1000 Euro vorstellbar. In der Petition heißt es: »Wir müssen dafür sorgen, dass niemand durch das bürokratische Raster der Zuständigkeiten fällt und dass niemand in Existenznot gerät.« Wer das Geld nicht brauche, müsse dieses nicht in Anspruch nehmen, sondern könne es zurück spenden. »In dieser schwierigen Situation müssen wir uns neu organisieren, zusammenhalten und uns helfen«, heißt es weiter. Eine ähnlich lautende Petition über die Plattform change.org haben fast 500 000 Menschen unterzeichnet.

Der Wirtschaftswissenschaftler Bernhard Neumärker von der Universität Freiburg hatte die Petentin Wiest am Montag im Petitionsausschuss begleitet, und stellte ein Konzept für ein BGE vor, das »sofort umsetzbar ist«. Alle Bürger*innen würden demnach während der Coronakrise 550 Euro im Monat erhalten, Kinder jedoch »etwas weniger«. Die Finanzierung solle über bereits gewährte Mittel erfolgen, die lediglich umgeschichtet werden müssten. So sei keine Reform des Gesundheits- oder Rentensystems nötig.

Während der Anhörung im Petitionsausschuss wurde allerdings deutlich, dass es keine Zustimmung für die Forderung gibt. Linken-Co-Parteivorsitzende Katja Kipping, eigentlich Verfechterin für ein bedingungsloses Grundeinkommen, kritisierte den konkreten Vorschlag zur Finanzierung als eine Umverteilung »von unten, von den besonders Bedürftigen, in die Breite«. Das sei genau die falsche Richtung. Auch die anwesenden Vertreter*innen der anderen Parteien, äußern sich skeptisch und ablehnend gegenüber dem vorgeschlagenen Krisen-Grundeinkommen. »Ohne Grundeinkommen geht es nicht«, meint hingegen die Petentin Wiest. Es wäre besonders aktuell sinnvoll, ein für alle Menschen sicheres Existenzminimum zu schaffen. Statt immer neue Hilfsprogramme zu entwickeln, wäre ein BGE während der Coronakrise eine Möglichkeit, ohne viel bürokratischen Aufwand für alle Menschen Hilfe zu leisten. Die Politik könne sich laut Wiest dann ganz auf die gesundheitliche Bewältigung der Krise konzentrieren.

Durch die Coronakrise hat die öffentliche Debatte um ein bedingungsloses Grundeinkommen neuen Aufschwung bekommen. Allerdings gibt es seit Jahren Petitionen in die Richtung und auch einzelne Vertreter*innen von den Linken und den Grünen setzen sich schon länger dafür ein. Auch Wiest hatte schon vor Jahren eine Petition gestartet, damals noch für ein BGE ohne zeitliche Beschränkung. Kommendes Jahr wird erstmals in Deutschland eine repräsentative Studie zu dem Thema, unter anderem vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, durchgeführt. Tenor des Petitionsausschusses am Montag war auch, diese Studie abzuwarten. Ein abschließendes Votum über die Petition trifft der Ausschuss zwar erst in einer späteren Sitzung, aber die Ablehnung ist vorhersehbar.

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