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Im Ausnahmezustand
Stephan Fischer über den polnischen Frauenstreik und die PiS-Spitze
In Polen blieben an Allerheiligen die Friedhöfe geschlossen - die Corona-Pandemie sorgt für Ausnahmezustände, bei Jüngeren für nie gekannte Einschränkungen. Ältere kennen den Ausnahmezustand in Polen noch aus den Zeiten des Kriegsrechts ab 1981. An solche Zeiten mag sich mancher erinnert haben, als Jarosław Kaczyński mit martialischen Worten gegen den Frauenstreik auftrat. Kaczyński, der aus der Solidarnosc-Opposition stammt, erinnert an General Wojciech Jaruzelski, der das Kriegsrecht verkündet - Geschichte schlägt merkwürdige Volten.
Warum Kaczyński sich über das von der PiS besetzte Verfassungsgericht mit den Frauen des Landes anlegt, wer weiß. Er steht plötzlich ziemlich allein im Feuer. Manche Kirchenspitze geißelt die Teilnahme an Demonstrationen zwar als »Sünde« - geschlossen ist aber nicht einmal die Reaktion der Kirche. Die mittelalten Männer an der Spitze, Premier Morawiecki und Präsident Duda, haben das Thema Abtreibung tunlichst gemieden. Und die Jungen? Wollen sich von einem wie Kaczyński nichts über ihre Körper oder ihre Zukunft sagen lassen. Im Frühjahr waren Polens Friedhöfe schon einmal geschlossen - Kaczyński sah eine Ausnahme für sich und besuchte einen. Jetzt ist er in einem Ausnahmezustand, der ihm nicht gefallen kann.
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