• Berlin
  • Islamistischer Terror

Nichts gelernt aus der Vergangenheit

Um islamistische Terroranschläge zu verhindern, fordert die Opposition Stärkung der Geheimdienste

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

»Es ist wichtig, diese Debatte nicht den Extremisten zu überlassen«, sagte Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) während der Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses am Donnerstag. »Diese Debatte« war in dem Fall das Thema Islamismus. Mit Blick auf islamistische Strukturen in der Hauptstadt betonte Geisel, dass sein Haus nicht erst seit den jüngsten Anschlägen in Paris, Nizza, Dresden und Wien auf »größten Verfolgungsdruck und harte Strafen« setze. Zugleich warnte der Senator aber vor rechtspopulistischen Gleichsetzungen: »Nicht jeder, der an Allah glaubt, ist ein Islamist.«

Genau an dieser Gleichsetzung hatte sich im Plenum zuvor die AfD-Fraktion versucht, auf deren Antrag hin die islamistischen Attacken überhaupt erst auf die Agenda der Aktuellen Stunde im Parlament gesetzt wurden. Deren Abgeordneter Hanno Bachmann ließ in seiner Eröffnungsrede Erwartbares vom Stapel: »verfehlte Multi-Kulti-Ideologie«, »umgehende Abschiebungen«, »Kopftuch tragende Rechtsreferendarinnen«.

Ebenso erwartbar war, dass die anderen Fraktionen das populistische Geknarze der AfD in der Folge rechts liegen ließen. Stattdessen drehte sich die Diskussion vor allem um die Berliner Sicherheitsbehörden und die Frage, ob der Senat diese im Kampf gegen den Islamismus ausreichend unterstütze oder, wie die Opposition meinte, eher diskriminiere.

So warf CDU-Fraktionschef Burkard Dregger Rot-Rot-Grün »Sonntagsreden« vor. Insbesondere monierte er, dass - anders als nach rassistischen Gewalttaten in den USA - nach islamistisch motivierten Anschlägen kaum jemand in Berlin auf die Straße gehe, um zu protestieren. Der Law-and-Order-Politiker forderte darüber hinaus nicht nur schärfere Gesetze. Auch beklagte er sich über die vermeintliche Vernachlässigung der Berliner Sicherheitsbehörden. Der Senat, befand Dregger, stärke Polizei und Verfassungsschutz nicht den Rücken, sondern entziehe den Beamten das Vertrauen, indem er »Antidiskriminierungskohorten« auf sie hetze. Dreggers Fraktionskollege Stephan Lenz schoss in der Folge noch einmal nach, insbesondere gegen die Grünen, die er aufforderte, »ihr Verhältnis zum Verfassungsschutz« zu klären.

»Eine Frechheit«, entgegnete in der zunehmend hitziger werdenden Debatte der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Benedikt Lux. »Wir haben ein konstruktives Verhältnis zu unserer Sicherheitsarchitektur.« Überhaupt habe kein anderer Senat »so viel investiert, um islamistischen Terrorismus besser zu bekämpfen«, sagte Lux und verwies auf die Aufstockung des Personalbestands beim Staatsschutz sowie das 100 Millionen Euro teure neue Anti-Terror-Zentrum an der Tempelhofer Ringbahnstraße.

Auch Innensenator Geisel verwahrte sich gegen den Vorwurf, zu wenig gegen Islamisten zu unternehmen. Im Gegenteil, der Senat habe in den letzten vier Jahren »schon viel erreicht« auf diesem Gebiet. Werte wie Freiheit und Toleranz dürften bei alldem aber nicht auf der Strecke bleiben. Mit Bezug auf eine Wahlkampfaktion der Christdemokraten vor zwei Wochen, bei der Berlins CDU-Chef Kai Wegner vor einem Luxuswagen in Neukölln posierte und diesen dann abschleppen ließ, um damit gegen die »Clankriminalität« aufmerksam zu machen, sagte Geisel: »Das ist wie mit dem Lamborghini mit den angeklebten Einschusslöchern.« Nämlich reine »Show«. Für die »eigentlichen Probleme« der Stadt habe die CDU dagegen keine Antworten parat.

Die Linke argumentierte dazu aus einer anderen Position. Im Zusammenhang mit den Versäumnissen der Sicherheitsbehörden im Vorfeld des Anschlags auf dem Breitscheidplatz vor vier Jahren und dem Ruf der Opposition nach einer Stärkung der Geheimdienste sagte Fraktionschefin Anne Helm: »Wem das als einziges einfällt, der hat aus der jüngeren Geschichte des Terrorismus nichts gelernt.« Helm forderte stattdessen, »die Ursachen von Terror weltweit zu bekämpfen«. Zudem machte sie deutlich, dass man sich sowohl gegen Islamismus als auch gegen Rechtsextremismus stellen müsse: »Beide Ideologien einen ähnliche Mechanismen und Strukturen, sei es Antifeminismus, Antisemitismus oder Verschwörungsmythen.«

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