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Neue Gewerkschaft fürs Peloton
Die Spanienrundfahrt geht zu Ende, Profis gründen eine neue Interessenvertretung.
Schlussspurt im letzten Radrennen dieser einzigartigen Saison: An diesem Samstag fordert die 17. Etappe der Vuelta a España hoch zur Skistation La Covatilla noch einmal Titelverteidiger Primož Roglič (Slowenien) und seine beiden schärfsten Rivalen Richard Carapaz (Ecuador) und Hugh Carty (Großbritannien) ganz besonders heraus. 4138 Höhenmeter sind auf den 178,2 Kilometern zu bewältigen. Der letzte Anstieg geht bis an die 2000-Höhenmeter-Marke. Immerhin wurde dort in den letzten Tagen kein Schnee gesichtet. Die Bürgermeisterin von Bejar, dem Ort nahe der Skistation, warnte aber schon einmal: »In dieser Zeit des Jahres kann es richtig kalt werden. Die Vuelta-Teilnehmer werden Helden sein, wenn sie dem Ziel entgegenjagen.« Sieben bis neun Grad sind prognostiziert, dazu könnten einige Regenschauer die Bedingungen verschärfen.
Richard Carapaz, der im vergangenen Jahr bei teils ähnlich kühlen Bedingungen Roglič schon den Giro-Sieg abgejagt hatte, kündigte jedenfalls ein Feuerwerk der Attacken an. »Die Etappe wird sicher auch vom Team Movistar noch mal herausfordernder gemacht«, meinte der Ineos-Profi mit Blick auf den spanischen Rennstall, der in dieser Saison bislang weitgehend sieglos blieb und auch beim Heimrennen eher nur die Parts der zweiten und dritten Geigen besetzte. Carapaz fuhr im letzten Jahr noch für Movistar, seinen Weggang dort hatte zumindest das Management verärgert zur Kenntnis genommen. Denkbar also, dass der Frust des Vorjahres in die aktuelle Taktikplanung noch mit hineinspielt.
Wenn es am Sonntag von der Pferderennbahn in La Zarzuela - errichtet übrigens von dem spanischen Betonschalenbau-Pionier Eduardo Torroja Miret - bei Madrid auf die finalen 134,5 Kilometer dieser Rundfahrt geht, dürfte die Frage nach dem Gesamtsieg allerdings längst beantwortet sein. Die Etappe ist flach. Die Massensprinter, darunter die Deutschen Pascal Ackermann, Max Kanter und Jannik Steimle, haben dann die Bühne für sich.
Ist dann alles vorbei, nehmen die Profis einen interessanten Arbeitsauftrag mit in die Winterpause. Einige von ihnen stellen gerade eine Fahrergewerkschaft auf die Beine. Grund sind in erster Linie die zahlreichen schweren Unfälle, die es in dieser Pandemiesaison gab und zum Teil von riskanten Streckenführungen, schlecht verankerten Absperrungen sowie plötzlich auf den Straßen auftauchenden Privatautos verursacht wurden.
Fahrerproteste beim Giro aufgrund der ultraharten dritten Woche und bei der Vuelta - ausgelöst durch Reglementänderungen während des Rennens - verliehen dem Anliegen neue Dringlichkeit. »Mit der bestehenden Rennfahrergewerkschaft CPA waren viele Fahrer, milde gesagt, unzufrieden«, beschrieb Paul Martens, Radprofi seit 2006, gegenüber »nd« die Situation. Rumort hatte es deshalb schon länger. Die CPA wurde von vielen Profis nicht als ihre Organisation, sondern als verlängerter Arm des Weltverbands UCI betrachtet. »Bei den Protesten beim Giro war der CPA-Vertreter einfach überfordert. Wir Fahrer haben das selbst in die Hand genommen«, beschrieb Rick Zabel, Teilnehmer am Giro, gegenüber »nd« das damalige Geschehen.
Während dieser Zeit organisierten sich die Fahrer spontan über den Messengerdienst Telegram, brachten so auch eine Abstimmung über die Forderung nach einer Verkürzung der Etappe auf den Weg. »Ein Fahrer, eine Stimme« - das bezeichnet Martens, aktuell als Helfer von Roglič bei der Vuelta dabei, als wichtigstes Prinzip der neuen Gewerkschaft. Bei der CPA war dies nicht so. Abstimmungen wurden im Nationenpaket getroffen. Vertreter der großen Radsportnationen brachten dort die Stimmenpakete der Fahrer ihres Landes ein. Fahrer kleinerer Verbände kamen gar nicht zu Wort. Das und, wie Martens es nennt: »eine gewisse Engstirnigkeit der CPA-Funktionäre«, weckten offenbar den Wunsch nach einer Alternative.
Die gibt es mittlerweile. Die Riders Union wurde am Dienstag dieser Woche offiziell aus der Taufe gehoben. Sie will bis zum Saisonbeginn mindestens 200 Profis als Mitglieder versammeln. Das kündigte Luuc Eisenga, Initiator der Riders Union, an. Der Holländer dürfte dem deutschen Radsportpublikum noch als Sprecher von Team Telekom bekannt sein. Nach einem Ausflug als Geschäftsführer in den Profifußball drängt es ihn nun zur alten Liebe Radsport zurück.
Seine Riders Union will sich der Probleme annehmen, die aktuell die Fahrer bedrücken. Das betrifft vor allem die Sicherheit der Rennen. Aber auch eine stärkere Einbindung der Fahrer in die Planung der großen Rundfahrtstrecken ist ein Thema. Drittens wird immer wieder ein verbessertes Wirtschaftsmodell gefordert, und in diesem Zuge auch eine Beteiligung der Rennställe, und damit der Fahrer, an den TV-Einnahmen der Veranstalter diskutiert.
Vergleichbar wäre eine Riders Union etwa mit der Pilotengewerkschaft Cockpit. Die verhandelt nicht nur die Tarifrahmen der Fluggesellschaften für Piloten, sondern engagiert sich über Arbeitsgruppen auch in verschiedenen Bereichen, die die Luftfahrt zentral betreffen.
Sinnvoll wäre auch ein Zusammenschluss der Riders Union mit der seit 2017 bestehenden Fahrerinnenvertretung The Cyclists’ Alliance. Viel zu tun also, auch nach dem letzten Rennen der Saison.
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