Das persönliche Risiko selbst ermitteln
Hochwasserversicherung
Deutschland ist im vergangenen Jahr vergleichsweise wenig von Naturkatastrophen getroffen worden. Mit drei Milliarden Euro lagen die versicherten Schäden knapp zehn Prozent unter dem Jahr davor und fast 20 Prozent unter dem langjährigen Mittelwert.
Das geht aus der »finalen« Schadenbilanz des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor, die im Oktober im »Naturgefahrenreport 2020« veröffentlicht wurde.
Schwerpunkt Corona: Das Katastrophenmanagement
Der Report bilanziert die Naturgefahren-Schäden an Gebäuden, Gewerbe, Industrie und Fahrzeugen. Sturm und Hagel schlugen besonders zu: Vom Gesamtschaden entstanden 2,7 Milliarden Euro durch Sturm und Hagel an Gebäuden, Kraftfahrzeugen, Hausrat, Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft. Lediglich weitere 300 Millionen Euro entfielen auf Elementargefahren wie Starkregen, Erdrutsch oder Hochwasser.
In einem besonders interessanten Schwerpunkt geht es um das Corona-Katastrophenmanagement und was Versicherer daraus für den Umgang mit dem Klimawandel ableiten. »Die Pandemie macht keine Unterschiede zwischen den Menschen - darin ähnelt sie Naturkatastrophen wie Überschwemmung, Sturm oder Erdbeben.«
Anders als bei Naturgefahren sei indes die ganze Welt ein Corona-Risikogebiet. Einige Versicherer waren öffentlich in die Kritik geraten, weil sie für Corona-bedingte Schließungen von Gaststätten nicht aufkommen wollten. Obwohl die Wirte eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen hatten.
Die Branche arbeitet indes an neuen, Corona-festen Produkten. Der 56 Seiten starke Report kann kostenlos aus dem Internet heruntergeladen werden (www.gdv.de/de/zahlen-und-fakten/publikationen/naturgefahrenreport).
Trotz geringerer Schäden war das vorige Jahr geprägt von einzelnen heftigen Unwettern - vor allem in der ersten Jahreshälfte. Im März wüteten die Sturmtiefs Dragi und Eberhard und sorgten für Beschädigungen in Höhe von rund 500 Millionen Euro - fast ein Viertel des gesamten Sachschadens (ohne Kfz). Im Juni wiederum brachten mehrere Tiefs in kurzer Folge heftige Hagelschauer.
»2019 hat erneut gezeigt, zu welchen Extremen das Wetter neigt«, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen, der unter dem damaligen Finanzminister Oskar Lafontaine persönlicher Referent des Staatssekretärs Heiner Flassbeck war. »Angesichts der zu erwartenden Zunahme extremer Wetterereignisse sind die Menschen gut beraten, ihr Hab und Gut umfassend abzusichern«, wirbt Asmussen.
Während bundesweit mittlerweile fast alle Wohngebäude gegen Sturm und Hagel abgesichert sind, fehlt jedoch rund zehn Millionen Hausbesitzern der Schutz gegen Elementarrisiken wie Starkregen und Hochwasser. Bislang haben erst 45 Prozent aller Gebäude den dafür nötigen Zusatzbaustein »erweiterte Naturgefahrenversicherung (Elementarschäden)« - immerhin zwei Prozentpunkte mehr als noch Ende 2018.
Selbst auf den Plattformen checken
Im Sommer hatte der Versicherungsverband bereits das Internetportal www.naturgefahren-check.de eröffnet (wir berichteten). Die Plattform zeigt, nach Eingabe ihrer Postleitzahl, welche Schäden Unwetter in der Vergangenheit am eigenen Wohnort verursacht haben:
Wie viele Gebäude waren im letzten Jahr in der Region betroffen? Wie hoch fielen die teuersten Schäden durch Starkregen, Sturm oder Hagel aus? Zudem wird eine erste Einschätzung der Hochwassergefahr vorgenommen. In der Summe vermittelt das Portal Verbrauchern einen Eindruck von bisher entstandenen Schäden.
Nun folgt das neue Portal www.hochwasser-check.com speziell zur Hochwassergefahr. Immobilienbesitzer und Mieter können hier ihr persönliches Überschwemmungsrisiko durch Flusshochwasser ermitteln! Nach Eingabe von Straße, Hausnummer und Postleitzahl erfahren Verbraucher auf der Onlineplattform adressgenau, wie stark das eigene Gebäude durch Flusshochwasser gefährdet ist.
Zudem erhalten Nutzer Informationen, welche Maßnahmen je nach der Gefährdung ergriffen werden sollten (und selbstverständlich den Tipp, sich zu versichern).
Was noch alles fehlt
Mit »Hochwasser-Check« und »Naturgefahren-Check« reagiert die Wirtschaft darauf, dass eine öffentliche Naturgefahrenplattform in Deutschland weiterhin fehlt. »Unsere Online-Checks zu Naturgefahren können ein zentrales Informationsportal der öffentlichen Hand mit standortgenauen Daten nicht ersetzen«, gibt GDV-Chef Asmussen zu.
In der Schweiz gibt es übrigens eine solche Plattform über Naturgefahren bereits seit 1998. In Deutschland haben einige Bundesländer zumindest ausführliche Karten erstellt, aus denen die Nutzer die besonderen Gefahrengebiete zu entnehmen können.
Eine Übersicht finden Sie auf »Klimanavigator« (https:// www.klimanavigator.eu/dossier/artikel/063776/index.php). Klimanavigator ist ein Zusammenschluss von zahlreichen Einrichtungen der deutschen Klimaforschung.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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