Kommune muss Neonazis »entschädigen«

Weil die Stadt Magdala ein Rechtsrockkonzert verhinderte, soll sie nun 25.000 Euro zahlen

  • Sebastian Haak, Magdala
  • Lesedauer: 3 Min.

Dem kleinen Magdala war im Jahr 2018 etwas gelungen, wofür die Stadt in Mittelthüringen damals viel Zuspruch erhalten hatte: Sie hatte ein Rechtsrockkonzert verhindert, indem sie einen Feldweg gesperrt hatte, über den die Rechtsextremen zu ihrem Konzertgelände gelangen wollten.

Umso größer ist nun das Entsetzen darüber, dass die Gemeinde einem Vergleich zugestimmt hat, der viel Geld in die Kassen des rechtsextremen Konzertveranstalters spült: Die Kommune habe sich im Rahmen dieses Vergleichs verpflichtet, 25 000 Euro an den Konzertveranstalter zu zahlen, sagten Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) und ein Sprecher des Landgerichts Erfurt übereinstimmend und bestätigten damit Informationen unserer Zeitung.

»Der Vergleich ist rechtskräftig und kann nicht mehr widerrufen werden«, fügte der Sprecher des Gerichts hinzu. Weder die Stadt Magdala noch die Verwaltungsgemeinschaft Mellingen, zu der sie gehört, äußerten sich bisher zu dem Vergleich. Beide ließen schon vor Tagen gestellte schriftliche Anfragen an sie unbeantwortet.

Hintergrund für den Vergleich ist eine Klage des Konzertveranstalters gegen die Stadt. Eine Zivilkammer des Landgerichts Erfurt hatte im Zuge des Rechtsstreits 2019 festgestellt, dass die Sperrung des Feldweges rechtswidrig war. Dabei hatte das Amtsgericht Weimar die Sperrung 2018 noch für rechtmäßig erklärt. Deswegen wollte der Konzertveranstalter nach Informationen unserer Zeitung 50 000 Euro Schadensersatz von der Kommune haben. Der Vergleich sichert ihm nun die Hälfte dieser Summe.

Auch das Landratsamt des Landkreises Weimarer Land äußerte sich nicht zu der Angelegenheit. »Wir als Landratsamt sind weder über den Ausgang des Verfahrens im Bilde noch über Entscheidungen des Stadtrates von Magdala in einer solchen Angelegenheit«, sagte eine Sprecherin des Landratsamtes. Auch das Landesverwaltungsamt als obere Kommunalaufsicht äußerte sich nicht zu dem Vergleich.

Innenminister Maier sagte, er sei bestürzt, dass die Stadt dem Vergleich zugestimmt habe. »Ich hatte inständig darum gebeten, dass man mit Neonazis keinen Vergleich abschließt«, sagte er. Er sei vor einigen Wochen selbst spontan zu einer Stadtratssitzung nach Magdala gefahren, auf der über eine Zustimmung zu dem Vergleich beraten worden sei. Dabei habe er die volle Unterstützung der Task Force seines Ministeriums, die sich mit Rechtsrockkonzerten befasst, zugesichert, sollte die Stadt den Vergleichsvorschlag nicht annehmen und in dem Rechtstreit stattdessen durch die Instanzen gehen. Er sei »sehr aufgewühlt« gewesen, als er erfahren habe, dass die Stadt seinem Vorschlag nicht folge. Wegen der kommunalen Selbstverwaltung habe er in solchen Fragen aber kein Vetorecht oder Ähnliches.

Auch die Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss reagierte entsetzt auf den Vergleich. »Das ist ein fatales Signal«, sagte sie. Der Konzertveranstalter gehöre einer militanten Neonazigruppierung an, die sich Turonen nennen und die unter anderem für einige der Rechtsrock-Großkonzerte in Themar verantwortlich war. Die seien auch in die organisierte Kriminalität verstrickt, sagte König-Preuss. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die 25 000 Euro in Immobilien und Waffen gesteckt werden könnten. »Unabhängig vom Ausgang eines juristischen Verfahrens ist es notwendig, alle Möglichkeiten bis zum Ende auch wirklich auszuschöpfen, um gegen Neonazis vorzugehen«, sagte sie.

Die Sprecherin einer Vernetzung von Thüringer Bündnissen gegen Rechtsextremismus, Diana Hennig, kritisierte den Vergleich ebenfalls scharf. So werde die rechtsextreme Szene im Land mit Geld unterstützt, sagte sie. »Es ist davon auszugehen, dass die wieder nach Magdala kommen.« Auch sie sagte, es sei besser gewesen, sich durch die Instanzen zu klagen, als an die Rechtsextremen das Geld zu zahlen, solange nicht alle Rechtsmittel ausgeschöpft seien – zumal dieser Rechtsstreit die Chance geboten hätte, vor hohen deutschen Gerichten zu beweisen, dass Rechtsrockkonzerte kommerzielle Veranstaltungen seien, und eben keine grundgesetzlich geschützten Versammlungen. »Bei welcher Versammlung entsteht schon ein Schaden in Höhe von zehntausenden Euro, wenn sie ausfällt?«, sagte Hennig.

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