Hetz-Pastor zu Geldstrafe verurteilt
Bremer Gericht: Latzel beging Volksverhetzung
Seit Jahren protestieren Menschen im Raum Bremen gegen das Gehetze des evangelischen Pastors Olaf Latzel (53). So trafen sich vor dem St. Petri-Dom Pastorinnen und Pastoren im Talar, bekannten auf einem Spruchband: »Bremen ist bunt - Wir leben Vielfalt«. Die Kundgebung war gegen den Kollegen gerichtet, der sich eher mit einer grauen Betonmauer zu umgeben scheint, hinter der nur seine eigenen Gedanken Raum haben. Wenn Latzel sie hinauslässt, wird es nicht selten böse.
Da geifert der Gottesmann von »teuflischer Homolobby«, von »Genderdreck«. Ungestraft durfte er bislang Gift und Galle speien. Nun hat ihm ein Gericht gezeigt, dass die Ordination zum Pastoren keinen Freibrief für verletzendes, beleidigendes Getön und Gedröhn beinhaltet. Der Pastor hatte in einem »Eheseminar« geäußert: »Überall laufen die Verbrecher rum vom Christopher Street Day!« Dies und auch Latzels Postulat, Homosexualität sei »eine Degenerationsform von Gesellschaft« blieb nicht im Kreis von 30 Zuhörern des Seminars, sondern war mit Einverständnis des Pastors über dessen Youtube-Kanal rund 25 000 Abonnenten zugänglich.
Die Staatsanwaltschaft sah Volksverhetzung in Latzels Treiben, erhob Anklage, plädierte auf vier Monate Freiheitsstrafe, die in 10 800 Euro Geldstrafe umgewandelt werden solle. Von »Missverständnis« sprach der Angeklagte in der Hauptverhandlung und beteuerte, er folge allein den Worten der Bibel. Falsch verstanden habe man ihn. »Nie habe ich Menschen als Dreck bezeichnet«, betonte Latzel. Er lehne zwar die homosexuelle Lebensweise auf Grundlage der Bibel ab, habe aber nichts gegen Homosexuelle. Mit dem Wort »Verbrecher« habe er »militante Aggressoren« gemeint, die ihn und seine Gemeinde immer wieder attackierten.
Richterin Ellen Best verhängte jedoch eine Freiheitsstrafe von vier Monaten, umgewandelt zur Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 90 Euro. Sie fasste zusammen: Latzel habe in dem »Eheseminar« zum Hass gegen Homosexuelle angestachelt. Das wertete das Gericht als Volksverhetzung. Latzels Anwalt hat Rechtsmittel gegen das Bremer Urteil angekündigt, will nötigenfalls bis vors Bundesverfassungsgericht ziehen.
Bleibt abzuwarten, wie die Kirchenleitung des Pastors auf den Gerichtsentscheid reagiert. Weist sie Latzel in die Schranken oder lässt sie ihn weiter ungehemmt seine »Weisheiten« verbreiten? Lässt sie ihn auch künftig, so wie er es 2015 tat, andersgläubige wie Buddhisten, Katholiken und Muslime diffamieren? Die Bremische Evangelische Kirche hatte im Mai gegen Latzel ein kirchliches Disziplinarverfahren eröffnet, es aber bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt.
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