Kampfdrohnen als Chefinnensache

Ministerin bringt Neuanschaffungen für die Truppe schon vor Parlamentsbeschluss auf den Weg

Nicht ohne Grund plant die Friedensbewegung am Samstag einen bundesweiten Aktionstag für »Abrüstung und eine neue Entspannungspolitik«. Denn nächste Woche wird der Bundestag in die abschließenden Beratungen über den Haushalt 2021 eintreten. Der sieht trotz der Coronakrise eine weitere Aufstockung des Militäretats vor. Und am 16. Dezember soll die Große Koalition im Parlament auch die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr beschließen, wenn es nach dem Willen des CDU-geführten Verteidigungsministeriums geht.

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat unterdessen schon lange vor den Beratungen im Bundestag eine Änderung der Regierungsvereinbarung mit Israel bei der militärischen Zusammenarbeit verhandelt. Von Israel bezieht Deutschland die waffenfähigen Drohnen vom Typ Heron TP. In einer Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Linke-Anfrage vom 25. November, die »nd« vorliegt, heißt es, die »neue Programmabsprache« mit Israel beinhalte »Unterstützungsleistungen für die bewaffnungsspezifische Ausbildung des deutschen Personals sowie die Beschaffung von Munition und entsprechender technischer Zusatzausstattung«. Zuerst hatte die »Rheinische Post« darüber berichtet.

Der Antwort zufolge will das Ministerium 60 Flugzeugbesatzungen für den Einsatz an Heron-Drohnen schulen lassen. Sobald die Zustimmung des Bundestages vorliegt, sollen diese in Israel ab dem 19. März »auch bewaffnungsspezifisch« ausgebildet werden.

In der SPD mehren sich derweil die Stimmen, die die Bewaffnung der Drohnen ablehnen. So stimmten am Wochenende 84 Prozent der Delegierten des Berliner SPD-Landesparteitages für einen Antrag der Jusos, in dem die Bundestagsfraktion aufgefordert wird, diese abzulehnen, wie die stellvertretende Juso-Landeschefin Sarah Marino per Twitter mitteilte. Der Wortlaut des Berliner Beschlusses sei wegen des Online-Parteitagsprozederes noch nicht verfügbar, erfuhr »nd« am Montag aus der Geschäftsstelle der Berliner Jusos. Mit Blick auf die Argumentation des Verteidigungsministeriums, die Aufrüstung der unbemannten Maschinen zu Tötungsinstrumenten diene dem besseren Schutz deutscher Soldat*innen, betont Marino, der beste Schutz sei der »Verzicht auf Auslandseinsätze« und die diplomatische Konfliktlösung.

Die Bundestagsfraktion hält sich in der heiklen Angelegenheit bedeckt. Parteichefin Saskia Esken formulierte zuletzt im Juli, sie habe »grundsätzliche Fragen« dazu. Zuvor hatte die Vizechefin der Bundestagsfraktion, Gabriela Heinrich, in einem Interview verkündet, die SPD sei inzwischen »offen in der Frage der Bewaffnung von Drohnen«. Der Beschluss der Hauptstadt-Sozialdemokraten ist insofern ein deutlicher Fortschritt, als es bisher einzig das Forum Demokratische Linke 21 in der SPD war, das sich stets vehement gegen Kampfdrohnen ausgesprochen hat.

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